Grundlagen für die Definition von Zielgruppen
Der Zielgruppen-Begriff ist zentral für das Online-Marketing und damit auch eine Basis für jegliches datenorientierte Arbeiten. Allerdings sind die Definitionen in Marketing-Lehrbüchern an deutschen Hochschulen häufig veraltet. Vielleicht liegt es ja daran, dass Professoren schon etwas älter sind und solch basale Elemente wie Definitionen nach vielen Jahren ihrer Tätigkeit keiner neuerlichen Evaluation am Marketing-Alltag in Unternehmen unterzogen haben. Aus diesem Grund sollte der Begriff an sich näher untersucht werden und genau das wird hier gemacht.
Definitionen Zielgruppe aus dem Lehrbuch
Grundsätzlich ist es so, dass man seinen Aussagen – einem Text – nicht losgelöst von der Umwelt existiert. Einordnung ist notwendig. Als ich in den Index des Buchs von Jochen Becker (Marketingkonzeption 1998) schaute, entdeckte ich weder den Zielgruppen-Begriff noch den der Target Group. Ich war enttäuscht. In Manfred Bruhns Kommunikationspolitik (1997) war ich erfolgreicher. Dort ist auf Seite 3 eine Definition:
"Zielgruppen der Kommunikation sind mittels des Einsatzes des kommunikationspolitischen Instrumentariums anzusprechende Adressaten (Rezipienten) der Unternehmenskommunikation."
Definitionen dieser Ausprägung sagen auch etwas über den Ersteller aus. Da ist der Begriff „Kommunikation“ zu lesen. Genauer „Zielgruppen der Kommunikation“. Wenn ein Marketing-Mann das so definiert, dann sollte es also auch noch Zielgruppen der Produktpolitik, Preispolitik und Distributionspolitik geben. Das sollte so sein, weil das Adressaten mittels des kommunikationspolitischen Instrumentariums angesprochen werden. Abgesehen davon, dass das Konstrukt der Zielgruppe natürlich – und völlig richtig – in allen genannten Bereichen des Marketings eine Rolle spielen sollte, demonstriert die Definition eine Einstellung, die im Online-Marketing nicht vorherrschen sollte. Adressaten werden „angesprochen“. Die Adressaten werden auch noch als „Rezipienten“ bezeichnet. Salopp gesagt, möchte man anscheinend nur Botschaften loswerden – vielleicht auch überzeugen – mit Kunden reden wohl nicht.
Wenn ich mich recht erinnere, war das in den 80er und 90er Jahren tatsächlich die herrschende Einstellung. Mangels Rückkanal und in voller Breite messbarer öffentlicher Konsumenten-Kommunikation verwundert es im Nachhinein nicht mehr so stark. Das Internet, der verbreiterte Rückkanal und die erweiterten Möglichkeiten der öffentlichen oder halböffentlichen Kommunikation haben die Marketing-Umwelt diesbezüglich gravierend verändert. Online-Marketer sind sich des Rückkanals sowie Social Media & Co. sehr wohl bewusst. Die Definition sollte erweitert werden. Ich muss gestehen, dass ich hinsichtlich der Definition von Becker unsicher war. Das Buch in meinem Regal ist schließlich eine Auflage von 1997. Deshalb habe ich eine jüngere Kollegin gebeten in ihrem Bücherschrank nachzusehen. Christian Homburg (2012, S. 171) formuliert die Definition in seinem Lehrbuch ähnlich salopp, wie ich hier weitgehend formuliere:
"Angestrebte Zielgruppe: Um den späteren Markterfolg des Produktkonzepts vorzubereiten, sollte festgelegt werden, wer als zukünftiger Käufer eines Produkts in Frage kommt."
Diese Definition findet sich in einem Kapitel zum Innovationsmanagement. Im Kapitel zum Instrumentalbereich „Kommunikationspolitik“ wird beschrieben, wie die Charakterisierung einer Zielgruppe operationalisiert wird. Homburg (2012, S. 216) nennt die üblichen Dimensionen:
• demographische Kriterien
• sozioökonomische Kriterien
• allgemeine Persönlichkeitsmerkmale
• Nutzenkriterien
• kaufverhaltensbezogene Kriterien
Homburg formuliert hier etwas vorsichtiger und schreibt „bei wem soll etwas erreicht werden?“ Genau das ist richtig. Es soll etwas erreicht werden. Was erreicht werden soll, ist nicht zwingend ein Kauf. Vielleicht ist es lediglich die öffentliche Aussage über ein Produkt, Bekanntheit, Einstellungen etc.
Manfred Kirchgeorg ist bei der Definition der Zielgruppe im Gabler Wirtschaftslexikon viel formaler. Er schreibt explizit von „Adressaten“ und „Ansprache“. Vielleicht ist es der Kommunikationswissenschaftler in mir, der diese einseitigen Definitionen in der Tradition der Lasswell-Formel „Who says what in which channel to whom with what effect?“(1948) für unvollständig hält. In diesem Satz werden die verschiedenen Ansatzpunkte zur Analyse genannt. Diese werden auch noch immer forscherisch bearbeitet. Das große Dilemma des Satzes ist allerdings, dass es ein Satz ist und dieser mit „with what effect“ endet. Genau dieses Ende, der „Effekt“ kann zwar auch bedeuten, dass in einen Dialog einzutreten ist – aber eben nur implizit. Diese Tatsache wurde gerade im Marketing lange nur unzureichend berücksichtigt.
Im Online-Marketing ist die Lage etwas anders. Online ist Kommunikation gegeben und auffällig. Sicher – es ist nicht nur Kommunikation – auch wenn die Kommunikation notwendige Bedingung ist. Es gibt auch viele Aspekte der Distributions- sowie der Preispolitik. Vielleicht ist die größte Veränderung hinsichtlich der Zielgruppendefinition in der Produktpolitik vorhanden.
Zielgruppen wurden und werden immer noch definiert, um abzuschätzen, welche Potenziale ein Produkt oder Unternehmen hat. Das wurde in der Definition von Homburg deutlich. Es muss antizipiert werden, wie hoch das Käuferpotenzial für dieselben ist und mit welchem Aufwand diese erreicht werden können. Hierbei hat das Internet zu merklichen Veränderungen geführt: Kleine Zielgruppen sind mitunter höchst effizient ansprechbar und die Produkte können über die mittlerweile entwickelten Logistiksysteme in Rekordzeit zu Konsumenten gebracht werden.
Definition Zielgruppe für das Online-Marketing
Die Definition der Zielgruppe sollte also auch für das Online-Marketing das gesamte Marketing-Instrumentarium betreffen. Natürlich sollte der Rückkanal berücksichtigt werden.
"Zielgruppen im Online-Marketing sind Menschen oder Maschinen mit denen mittels Internet kommuniziert werden soll, um Marketing-Ziele umzusetzen und final gewünschte Handlungen zu erreichen."
Diese Definition ist prinzipiell dicht an die Definitionen in der Literatur angelehnt. Allerdings würde ich grundsätzlich im Plural formulieren, da ich nicht davon ausgehe, die gewünschte Handlung – wohl meist ein Kauf – direkt nur durch Kommunikation mit ebendiesem Personenkreis zu erreichen. Einen solchen Personenkreis kann man beispielsweise wie folgt beschreiben: Männer und Frauen zwischen 25 und 35 Jahren, die sich in Baden-Württemberg und Bayern aufhalten und mindestens einmal im Monat mehr als zehn Kilometer wandern.
Zielgruppen-Auswahl bei LinkedIn
Nur indem auf Facebook, Google oder an einer anderen Stelle die „Zielgruppe“ angeklickt und damit ausgewählt und Werbung gebucht wird, kann weder ein Kleidungsstück noch ein Rucksack oder ein Ticket für den Nahverkehr verkauft werden. Nur weil das bei LinkedIn übersichtlicher ist (Abbildung) auch nicht. Die Kommunikation mit weiteren Personen oder Organisationen ist notwendig. Wenn es um Bekleidung geht, muss diese beispielsweise auch in den stationären Handel und in den Online-Handel gelangen. Häufig sind es tatsächlich eine ganze Reihe von Zielgruppen, die bestimmt und mit denen kommuniziert werden muss. In der Online-Welt sind dies teilweise auch Maschinen. Von Käufern spreche ich auch ausgesprochen ungern. Das Ziel von Marketing-Maßnahmen ist eben nicht immer ein Kauf. Gerade im Online-Marketing ist das Ziel sehr häufig auch Kommunikation oder eine andere Art von Handlung. Diese etwas allgemeinere Formulierung halte ich für günstiger. Selbst final muss es kein Kauf sein – auch nicht online. Denken Sie beispielsweise an das Marketing von Öffentlichen Einrichtungen oder den Bereich Personalmarketing. Wenn aus der Personalabteilung heraus Ingenieure erreicht werden müssen, dann ist das Ziel meist die Unterschrift eines Arbeitsvertrags.
Definitionen Zielgruppe aus dem Lehrbuch
Grundsätzlich ist es so, dass man seinen Aussagen – einem Text – nicht losgelöst von der Umwelt existiert. Einordnung ist notwendig. Als ich in den Index des Buchs von Jochen Becker (Marketingkonzeption 1998) schaute, entdeckte ich weder den Zielgruppen-Begriff noch den der Target Group. Ich war enttäuscht. In Manfred Bruhns Kommunikationspolitik (1997) war ich erfolgreicher. Dort ist auf Seite 3 eine Definition:
"Zielgruppen der Kommunikation sind mittels des Einsatzes des kommunikationspolitischen Instrumentariums anzusprechende Adressaten (Rezipienten) der Unternehmenskommunikation."
Definitionen dieser Ausprägung sagen auch etwas über den Ersteller aus. Da ist der Begriff „Kommunikation“ zu lesen. Genauer „Zielgruppen der Kommunikation“. Wenn ein Marketing-Mann das so definiert, dann sollte es also auch noch Zielgruppen der Produktpolitik, Preispolitik und Distributionspolitik geben. Das sollte so sein, weil das Adressaten mittels des kommunikationspolitischen Instrumentariums angesprochen werden. Abgesehen davon, dass das Konstrukt der Zielgruppe natürlich – und völlig richtig – in allen genannten Bereichen des Marketings eine Rolle spielen sollte, demonstriert die Definition eine Einstellung, die im Online-Marketing nicht vorherrschen sollte. Adressaten werden „angesprochen“. Die Adressaten werden auch noch als „Rezipienten“ bezeichnet. Salopp gesagt, möchte man anscheinend nur Botschaften loswerden – vielleicht auch überzeugen – mit Kunden reden wohl nicht.
Wenn ich mich recht erinnere, war das in den 80er und 90er Jahren tatsächlich die herrschende Einstellung. Mangels Rückkanal und in voller Breite messbarer öffentlicher Konsumenten-Kommunikation verwundert es im Nachhinein nicht mehr so stark. Das Internet, der verbreiterte Rückkanal und die erweiterten Möglichkeiten der öffentlichen oder halböffentlichen Kommunikation haben die Marketing-Umwelt diesbezüglich gravierend verändert. Online-Marketer sind sich des Rückkanals sowie Social Media & Co. sehr wohl bewusst. Die Definition sollte erweitert werden. Ich muss gestehen, dass ich hinsichtlich der Definition von Becker unsicher war. Das Buch in meinem Regal ist schließlich eine Auflage von 1997. Deshalb habe ich eine jüngere Kollegin gebeten in ihrem Bücherschrank nachzusehen. Christian Homburg (2012, S. 171) formuliert die Definition in seinem Lehrbuch ähnlich salopp, wie ich hier weitgehend formuliere:
"Angestrebte Zielgruppe: Um den späteren Markterfolg des Produktkonzepts vorzubereiten, sollte festgelegt werden, wer als zukünftiger Käufer eines Produkts in Frage kommt."
Diese Definition findet sich in einem Kapitel zum Innovationsmanagement. Im Kapitel zum Instrumentalbereich „Kommunikationspolitik“ wird beschrieben, wie die Charakterisierung einer Zielgruppe operationalisiert wird. Homburg (2012, S. 216) nennt die üblichen Dimensionen:
• demographische Kriterien
• sozioökonomische Kriterien
• allgemeine Persönlichkeitsmerkmale
• Nutzenkriterien
• kaufverhaltensbezogene Kriterien
Homburg formuliert hier etwas vorsichtiger und schreibt „bei wem soll etwas erreicht werden?“ Genau das ist richtig. Es soll etwas erreicht werden. Was erreicht werden soll, ist nicht zwingend ein Kauf. Vielleicht ist es lediglich die öffentliche Aussage über ein Produkt, Bekanntheit, Einstellungen etc.
Manfred Kirchgeorg ist bei der Definition der Zielgruppe im Gabler Wirtschaftslexikon viel formaler. Er schreibt explizit von „Adressaten“ und „Ansprache“. Vielleicht ist es der Kommunikationswissenschaftler in mir, der diese einseitigen Definitionen in der Tradition der Lasswell-Formel „Who says what in which channel to whom with what effect?“(1948) für unvollständig hält. In diesem Satz werden die verschiedenen Ansatzpunkte zur Analyse genannt. Diese werden auch noch immer forscherisch bearbeitet. Das große Dilemma des Satzes ist allerdings, dass es ein Satz ist und dieser mit „with what effect“ endet. Genau dieses Ende, der „Effekt“ kann zwar auch bedeuten, dass in einen Dialog einzutreten ist – aber eben nur implizit. Diese Tatsache wurde gerade im Marketing lange nur unzureichend berücksichtigt.
Im Online-Marketing ist die Lage etwas anders. Online ist Kommunikation gegeben und auffällig. Sicher – es ist nicht nur Kommunikation – auch wenn die Kommunikation notwendige Bedingung ist. Es gibt auch viele Aspekte der Distributions- sowie der Preispolitik. Vielleicht ist die größte Veränderung hinsichtlich der Zielgruppendefinition in der Produktpolitik vorhanden.
Zielgruppen wurden und werden immer noch definiert, um abzuschätzen, welche Potenziale ein Produkt oder Unternehmen hat. Das wurde in der Definition von Homburg deutlich. Es muss antizipiert werden, wie hoch das Käuferpotenzial für dieselben ist und mit welchem Aufwand diese erreicht werden können. Hierbei hat das Internet zu merklichen Veränderungen geführt: Kleine Zielgruppen sind mitunter höchst effizient ansprechbar und die Produkte können über die mittlerweile entwickelten Logistiksysteme in Rekordzeit zu Konsumenten gebracht werden.
Definition Zielgruppe für das Online-Marketing
Die Definition der Zielgruppe sollte also auch für das Online-Marketing das gesamte Marketing-Instrumentarium betreffen. Natürlich sollte der Rückkanal berücksichtigt werden.
"Zielgruppen im Online-Marketing sind Menschen oder Maschinen mit denen mittels Internet kommuniziert werden soll, um Marketing-Ziele umzusetzen und final gewünschte Handlungen zu erreichen."
Diese Definition ist prinzipiell dicht an die Definitionen in der Literatur angelehnt. Allerdings würde ich grundsätzlich im Plural formulieren, da ich nicht davon ausgehe, die gewünschte Handlung – wohl meist ein Kauf – direkt nur durch Kommunikation mit ebendiesem Personenkreis zu erreichen. Einen solchen Personenkreis kann man beispielsweise wie folgt beschreiben: Männer und Frauen zwischen 25 und 35 Jahren, die sich in Baden-Württemberg und Bayern aufhalten und mindestens einmal im Monat mehr als zehn Kilometer wandern.
Zielgruppen-Auswahl bei LinkedIn
Nur indem auf Facebook, Google oder an einer anderen Stelle die „Zielgruppe“ angeklickt und damit ausgewählt und Werbung gebucht wird, kann weder ein Kleidungsstück noch ein Rucksack oder ein Ticket für den Nahverkehr verkauft werden. Nur weil das bei LinkedIn übersichtlicher ist (Abbildung) auch nicht. Die Kommunikation mit weiteren Personen oder Organisationen ist notwendig. Wenn es um Bekleidung geht, muss diese beispielsweise auch in den stationären Handel und in den Online-Handel gelangen. Häufig sind es tatsächlich eine ganze Reihe von Zielgruppen, die bestimmt und mit denen kommuniziert werden muss. In der Online-Welt sind dies teilweise auch Maschinen. Von Käufern spreche ich auch ausgesprochen ungern. Das Ziel von Marketing-Maßnahmen ist eben nicht immer ein Kauf. Gerade im Online-Marketing ist das Ziel sehr häufig auch Kommunikation oder eine andere Art von Handlung. Diese etwas allgemeinere Formulierung halte ich für günstiger. Selbst final muss es kein Kauf sein – auch nicht online. Denken Sie beispielsweise an das Marketing von Öffentlichen Einrichtungen oder den Bereich Personalmarketing. Wenn aus der Personalabteilung heraus Ingenieure erreicht werden müssen, dann ist das Ziel meist die Unterschrift eines Arbeitsvertrags.