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Internetgiganten nicht das Feld überlassen

Ausprobieren, anprobieren, Beratung und hohe Warenverfügbarkeit sind die Pluspunkte des stationären Handels. Doch ohne Online-Maßnahmen geht es nicht.
Rainer Elste | 01.07.2019
© Unsplash / Square
 
"Der Einzelhandel hat dazu gelernt und wehrt sich", sagt Jonas Hahn, Head of Online Shop DACH bei WMF. Nach seiner Einschätzung überlässt der Einzelhandel dem Internet durchaus nicht kampflos das Feld. Das zeigen Beispiele einiger Einzelhändler.

In die gleiche Kerbe wie Hahn schlugen auch die weiteren Referenten auf dem 4. Hochschultag zum Thema "Erfolgsfaktoren für den Einzelhandel" der Hochschule Esslingen. Auch wenn die Kunden zu über 90 Prozent digital vorinformiert in sein Ladengeschäft kommen, sieht Wolfgang Schweizer, Inhaber der "Nähwelt Schweizer", dank Beratung und der Möglichkeit zum Ausprobieren heute seine Chancen als Fachgeschäft für Nähbedarf zu überleben als sehr gut. Dennoch: "Ohne den eigenen Online-Handel, der bei uns mit dem Ladengeschäft verzahnt ist, könnte ich morgen mein Geschäft schließen", so der Göppinger Familienunternehmer. Das Internet als Ergänzungskanal kommt dem klassischen Einzelhändler besonders bei Aktionen zugute: "Wo wir früher tage- oder wochenlang an Aktionen gefeilt haben, geht dies nun in unserem Webshop innerhalb einer halben Stunde", so Wolfgang Schweizer. Gleichzeitig hat sich sein Einzugsbereich vergrößert. Mittlerweile erreicht er auch internationale Kunden über seinen Webshop.

Umgekehrt nehmen seine online gewonnenen Kunden bis zu zweistündige Anfahrten in Kauf, um seine beiden Läden im Schwäbischen zu besuchen.

Offline verzahnt mit online


Simon Frey ist Inhaber eines klassischen Modegeschäfts in Uhingen, einem Göppinger Vorort, und gänzlich ohne Online-Geschäft ebenfalls zufrieden. "Bei uns zählt die Nähe zum Kunden – unser Kundenstamm ist größer als die Zahl der Einwohner im Ort." Third Place, also der dritte Ort nach dem Heim und der Arbeitsplatz, soll der stationäre Handel sein, so die Inhaber der Ladengeschäfte. Mit Social Media-Maßnahmen unterstützt Frey seine Community und die Bewerbung von Instore-Events.

Druck im Markt steigt weiter


Dennoch: Der Druck unter Händlern und zwischen Herstellern und Händlern steigt weiter. Dabei geht der Preisdruck nicht allein von Amazon & Co. aus, sondern auch von kleineren Einzelhändlern im Web, so die einhellige Aussage der Referenten der Hochschultagung. Aber auch bei den Internetgiganten sind die Karten noch nicht endgültig verteilt. So konnte Walmart laut der Marktforschungsgesellschaft Gartner am Black Friday 2018 in den USA 75 Prozent der Online-Verkäufe bei den Spielzeug-Topsellern für sich verbuchen. Dem war eine ausgeklügelte Online- und Offline-Kampagne des größten Handelshauses der Welt vorausgegangen.

Längst bekommt der Kunde auch nicht mehr automatisch im Internet die günstigsten Preise. Eine Untersuchung von Mydealz ergab beispielsweise im Januar, dass selbst bei Haushaltsartikeln wie denen von WMF der Online-Preisvorteil gegenüber stationären Händlern nur bei 2,7 Prozent lag. Außerdem schlägt Verfügbarkeit den Preis, so eine weitere Untersuchung. Hersteller überlassen auch den Onlineverkauf nicht mehr den Big Playern im Netz. Diverse Unternehmen wie eben WMF, Philips oder Samsung verkaufen selber direkt im Internet und lassen sich es nicht nehmen, die Preise selbst in die Hand zu nehmen. Samsung etwa beteiligte sich auch am Black Friday und bot die eigenen Smartphones mit über 40 Prozent Rabatt an. Einige Online-Händler lagen deutlich über diesem Preisniveau.

"Stationärer Handel läuft – gegen den Trend!" So lautete der Titel eines Vortrags auf dem Hochschultag. Man möchte noch hinzufügen – "Stationärer Handel läuft – wenn der Händler sich ins Zeug legt".


Der Text ist auch bei Springer Professional erschienen. Wir danken dem Verlag und dem Autor für die freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung.