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Streaming und CTV bieten Potenzial für Werbetreibende

Connected TV wächst auf Kosten des linearen in Reichweite und Bedeutung für Werbetreibende. Nutzer-Mehrheit akzeptiert Werbung für geringere Kosten.
Lukas Fassbender | 12.08.2019
© Pixabay / Vidmir Raic
 

Die Werbeausgaben für klassische Medienformate sinken stetig. Das betrifft vor allem auch das lineare Fernsehen. Die Planung und Messung der Performance im klassischen TV kann schlichtweg nicht mit den Möglichkeiten der digitalen Pendants mithalten: Connected TV (CTV) rückt in den Fokus – auch weil es besser zu den neuen Gewohnheiten der Zuschauer passt. Diese Entwicklung bietet enormes Potenzial für Werbetreibende, denn wie sich das digitale Fernseh- beziehungsweise Videoangebot in Zukunft finanziert, ist noch nicht entschieden. Es lohnt sich ein Blick auf den deutschen TV Markt. TV-Werbung war bis vor einigen Jahren noch die Königsklasse, wenn es um Kreativität ging. Mit aufwendigen Animationen, epischer Musik und bildgewaltigen Spots sollten Produkte mit 30-Sekunden-Spots die Zielgruppen in ihren Bann ziehen. Doch das eigentliche TV-Geschäft schwächelt seit geraumer Zeit. Immer weniger wird in lineare TV-Werbung investiert. Als Grund geben werbetreibende Unternehmen vor allem die weiter sinkenden Reichweiten sowie steigende Kosten für TV-Werbung an. Auch das im Vergleich zu digitalen Kanälen unpräzise Targeting und die teilweise ungenügende Messung der Performance wird immer wieder bemängelt. Auf der Suche nach Alternativen verschiebt sich so der gesamte Bewegtbildmarkt immer weiter in den digitalen Bereich.

Connected TV in Deutschland auf dem Vormarsch

Noch vor wenigen Jahren war das Thema “Connected TV“ (CTV) in Deutschland kaum verbreitet. Von 2018 im Vergleich zu diesem Jahr hat sich die Reichweite allerdings drastisch erhöht. Das liegt nicht zuletzt auch an der zunehmenden Vernetzung von Fernsehgeräten in deutschen Haushalten. In einer Befragung von The Trade Desk gab die Mehrheit der fast 1.000 Nutzer an, dass ihr Fernseher bereits mit dem Internet verbunden ist. Lediglich 15 Prozent der Befragten beziehen ihr TV-Angebot noch rein analog oder über digitale Antenne. Deutlich wurde in der Befragung auch die Vielfalt von Connected Devices: Neben Angeboten wie TV-Sticks, zum Beispiel dem Amazon FireTV, werden auch verstärkt Spielekonsolen als Medienplattformen genutzt. Bei den Plattformen sind neben den Entertainment-Services der Internetprovider, etwa Entertain oder GigaTV, vor allem die großen Streaming-Anbieter, allen voran Netflix und Amazon Prime Video, populär. Diese Entwicklung macht eines deutlich: Nutzer wollen heute selbst bestimmen, über welche Devices sie wann welche Inhalte konsumieren.

Die Anzahl abgeschlossener Abonnements pro Kopf ist begrenzt

Aktuell erkaufen sich Kunden diese Entscheidungsfreiheit, indem sie Abonnements für Streaming-Services abschließen. Das gilt sowohl für den Serien-Junkie als auch für Durchschnittsnutzer. Allerdings zeichnen sich hier bereits erste Ermüdungserscheinungen ab. Die sogenannte „Subscription Fatigue“, wie sie sich bereits in den USA abzeichnet, macht sich auch in Deutschland bemerkbar. Dabei geht es um die Tatsache, dass Nutzer nicht gewillt sind, eine Vielzahl von Abonnements abzuschließen, denn selbst geringe monatliche Kosten summieren sich auf. Die User gelangen schnell an einem Punkt, an dem der persönliche Nutzen eines zusätzlichen Abos dessen Kosten nicht mehr aufwiegt. Die Befragung von The Trade Desk bestätigt diesen Trend: So gaben die Nutzer in der Mehrheit zwar an, dass sie ein Streaming-Abonnement abgeschlossen haben, beispielsweise um exklusive Inhalte zu erhalten. Die Reaktionen auf die Frage nach dem künftigen Konsumverhalten waren allerdings verhalten. Nur 34 Prozent der Befragten gaben an, den Konsum im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich zu steigern. 45 Prozent schätzten sogar, dass sie ihr Streaming-Verhalten eher zurückfahren und weitere 21 gaben zwar eine vermehrte Nutzung an, sind aber überzeugt, dass dieses zukünftig weder steigen noch sinken wird.

Chancen für werbefinanzierte Angebote

Was zunächst einmal nach Stillstand klingt, bietet auf den zweiten Blick enormes Potenzial für Werbetreibende. Denn die Befragung zeigt auch, dass viele Nutzer Werbung gegenüber nicht generell kritisch eingestellt sind. Wenn beispielsweise im Gegenzug die Kosten für ein Abonnement sinken, würden 54 Prozent der Befragten Werbung durchaus tolerieren. Die Option, eine Episode einer Serie kostenlos und ohne Unterbrechung zu sehen, wäre für 81 Prozent ein guter Grund, um eine Werbeeinblendung zu akzeptieren. Somit stehen die Chancen durchaus gut, dass künftig Misch-Modelle, also sowohl bezahlte Abos als auch kostenfreie mit Werbung, Einzug halten. Entscheidend ist dabei jedoch, dass die Werbung zielgerichtet an eine spezifische Interessengruppe von Nutzern ausgespielt wird. Hier punktet CTV als Werbeumfeld: Durch die technologischen Möglichkeiten lassen sich Werbeeinblendungen optimal einbinden, um von Nutzern nicht als störend empfunden zu werden und stattdessen das Interesse zu wecken. Durch präzises Targeting kann Werbung beispielsweise viel gezielter auf den Content, den der User gerade ansieht, angestimmt werden. Auch die Formate sind im digitalen Raum deutlich vielfältiger. Neben Werbespots selbst, die als InStream-Video-Ads laufen, können Buffer-Ads, Extender und klassische Banner Ads strategisch eingesetzt werden. Hinzu kommt der Vorteil, dass sich die Frequenz der Einblendungen regulieren lässt: Statt dem Nutzer den gleichen Spot wiederholt anzuzeigen, zeichnen smarte Tools bei datenbasierten Kampagnen auf, über welches Gerät, wann und wie oft der Nutzer bereits mit der Werbeeinblendung bespielt wurde. Somit wird verhindert, dass der User mit Werbung überschüttet wird. In den kommenden Jahren wird sich der Fokus immer stärker in Richtung Connected TV und weg von linearem Fernsehen verschieben. Das veränderte Nutzerverhalten wird dazu entscheidend beitragen. Werbetreibende erkennen zunehmend die Vorteile der Zielgruppenoptimierung, verbesserter Performance-Messung und der Möglichkeiten, Kontakt-Frequenzen auf ein optimales Maß zu bringen. Werbung kann somit wieder zu einem Erlebnis für die Nutzer werden, von dem wiederum die Marken profitieren.