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Mit flexiblen CRM-Systemen zur Customer Centricity

Heutzutage gilt es mehr denn je, auf sich wandelnde Kundenbedürfnisse einzugehen. Die wichtigste Voraussetzung ist ein anpassungsfähiges CRM-System.
Tim Neugebauer | 10.02.2020
Mit flexiblen CRM-Systemen zur Customer Centricity © Pixabay / Gerd Altmann
 

Das digitale Zeitalter ist geprägt von ständigen Veränderungen, die von Unternehmen immer mehr Agilität und Innovationsfähigkeit erfordern. Die Schnelllebigkeit, die damit einhergeht, spiegelt sich auch in den sich stetig ändernden Kundenbedürfnissen wider. Die Mehrzahl der Unternehmen hat inzwischen verinnerlicht, dass der Kunde im Mittelpunkt jeglichen Denkens und Handelns stehen sollte – Stichwort: Customer Centricity. Dennoch sind vielerorts die Voraussetzungen nicht erfüllt. Das hat zur Folge, dass Unternehmen nicht in der Lage sind, ihre Kommunikation, Prozesse und Anwendungen radikal auf die Kundenbedürfnisse auszurichten.

Wo liegt das Problem?

Vielen Unternehmen fehlt eine ganzheitliche Sicht auf ihre Kunden, da die Kundeninformationen dezentral – in verschiedenen Systemen über unterschiedliche Abteilungen hinweg – gespeichert sind. Dann verlieren Unternehmen schlicht und einfach den Überblick. Hinzu kommt, dass vorhandene Kundeninformationen aufgrund der Systemheterogenität oftmals nicht einfach übertragbar sind. Dies macht nicht nur den Datenabgleich innerhalb eines Unternehmens unmöglich, sondern stellt auch ein immenses Hindernis bei der Kundenzentrierung dar. Wenn Kundeninformationen, zum Beispiel aus der Kaufhistorie, nicht dort zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden, etwa im Service-Center, bleibt die Kundenbeziehung auf der Strecke.

CRM-System als Fundament für Kundenzentrierung

Die Digitalisierung gibt Unternehmen nicht nur den nötigen Anstoß, lang bewährte Abläufe, Strukturen und Vorgehensweisen zu hinterfragen, sondern eröffnet ihnen neue Wege zu ihren Kunden, etwa über Webshops, Self-Service-Plattformen oder Chatbots auf der Website. Gleichzeitig ist es möglich, Geschäftsprozesse und -modelle entsprechend der tatsächlichen Kundenbedürfnisse anzupassen, was sich positiv in der Wertschöpfung niederschlägt. Damit können Unternehmen die Kundenzentrierung in den Fokus ihres Handelns rücken – aktiv und kompromisslos.

 

Diese neuen Chancen können Unternehmen allerdings nur dann ergreifen, wenn sie in interdisziplinären Teams arbeiten und in ständiger Kommunikation miteinander eine Offenheit gegenüber Veränderungen leben. Neben einer agilen Arbeitsweise ist es entscheidend, die strukturellen Voraussetzungen für wirkliche Customer Centricity zu schaffen. Es gilt, eine einheitliche Sicht auf Kunden zu erhalten und Prozesse zu standardisieren. An dieser Stelle kommt ein CRM-System ins Spiel. Als zentrale Sammelstelle bietet es Unternehmen die Möglichkeit, Informationen über Kunden und Interessenten speichern, Kundeninteraktionen verfolgen und diesen gesammelten Datenschatz gemeinsam nutzen zu können. Ein CRM-System bildet somit nicht nur die komplette Produkt- und Kommunikationshistorie ab, sondern gewährt Unternehmen auch einen 360-Grad-Blick auf jeden einzelnen Kunden, seine Vorlieben und Bedürfnisse. Damit bildet es das technologische Fundament für eine erfolgreiche Kundenzentrierung und steht in einem weiteren Schritt als mächtige Planungs- und Analyse-Plattform zur Verfügung.

In drei Schritten zum erfolgreichen CRM-Projekt

Bevor Unternehmen ein CRM-Projekt in Angriff nehmen, gilt es, nicht nur die eigenen Anforderungen an das System genau zu definieren und zu priorisieren, sondern auch, essenzielle Fragen zu Strategie, Prozessen und Daten zu klären. Leitfragen sind hierbei:

  • Welche Digitalisierungs-Vision verfolgt das Unternehmen generell?
  • Welche Prozesse und Workflows gilt es deshalb zu unterstützen?
  • In welchem System sind welche Daten aus diesen Entscheidungen heraus zu

         speichern?

Sind diese Fragen beantwortet, bedarf es lediglich drei Schritte, um ein CRM-Projekt erfolgreich auf den Weg zu bringen.

Schritt 1: Passendes CRM-System auswählen

Der Markt bietet eine Vielzahl an All-In-One- sowie an Open Source-Lösungen. CRM-Systeme, die auf dem All-In-One-Ansatz basieren, bringen eine große Palette an Funktionen mit. Folglich sind sie in ihrer Struktur oftmals recht starr und nur mit großem Kosten- und Zeitaufwand an individuelle Geschäftsprozesse und spezifische Unternehmensanforderungen anpassbar. Daher sind quelloffene CRM-Lösungen häufig die bessere Wahl. Sie zeichnen sich nicht nur durch die nötige Flexibilität aus, sondern sind zudem offener und anpassungsfähiger. Durch ihre Anpassungsmöglichkeiten, die den Verwandlungskünsten eines Chamäleons gleichkommen, sind Open-Source-Lösungen nahtlos in die IT-Landschaft von Unternehmen integrierbar. Gleichzeitig gibt es üblicherweise eine motivierte Community, die verschiedenste Plug-ins für Unternehmen bereitstellt und somit die Weiterentwicklung anhand von Marktveränderungen ermöglicht. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass ein offenes CRM-System ein Framework zur eigenen Applikationsentwicklung bietet. Damit besteht für zukünftige Funktionswünsche die Möglichkeit für Make-or-Buy-Entscheidungen. So bleibt das CRM-System für funktionale Anforderungen, die zum Auswahlzeitpunkt noch nicht absehbar sind, jederzeit flexibel.

Schritt 2: Prozesse präzise abbilden

Auch wenn es darum geht, die Strukturen von Kundendaten und Prozessen abzubilden, ist die Flexibilität des CRM-Systems entscheidend. Dies gilt insbesondere dann, wenn Unternehmen verschiedenste individuelle Anwendungsszenarien, wie etwa besondere Arten der Kundeninteraktion, Benutzer- und Kontoverwaltung sowie individuelle Bestellungsprozesse abbilden möchten. Ein derartiges CRM-Tool bietet auch die Möglichkeit, nicht nur sämtliche Kundenkontakte im Detail zu erfassen, sondern auch Produktinformationen und spezifische Prozessdaten anzulegen, um bestehende Verbindungen zwischen Kunden und Produkten darstellen zu können. Nur so erfahren Unternehmen beispielsweise, welche Kunden zu welchem Zeitpunkt welche Produkte gekauft haben. Um solche Zusammenhänge zu erkennen, bedarf es unter Umständen auch der Synchronisationsfähigkeit des Systems, wodurch sich Daten aus unterschiedlichen Quellen, wie etwa einem Enterprise-Resource-Planning-System (ERP) oder einer Marketing Automation-Lösung (MA) im CRM-System zusammenführen lassen. Für reibungslose Datenflüsse sollte die CRM-Lösung über standardisierte Schnittstellen an andere relevante Systeme angebunden sein. So ist sichergestellt, dass es zum Beispiel Produktlisten und Bestelldaten aus dem ERP-System oder der Webshop-Lösung automatisch auslesen kann.

Schritt 3: CRM-Projekt starten

Nachdem Unternehmen ein CRM-System gewählt haben, das alle individuellen Anforderungen erfüllt und überdies in der Lage ist, sämtliche relevanten Prozesse präzise abzubilden, geht es an die Umsetzung des Projekts. Vor der CRM-Einführung ist auf technischer Ebene zu prüfen, ob und mit welchen weiteren IT-Lösungen das Vorhaben Kundenzentrierung umgesetzt werden soll. Darüber hinaus empfiehlt es sich, das CRM-Projekt mit einem cross-funktionalen Projektteam zu begleiten: Es sollten Mitarbeiter aus allen wichtigen Unternehmensbereichen involviert sein. Um sich nicht in Details zu verlieren und das System möglichst schnell produktiv nutzen zu können, sollten Unternehmen auf das Pareto-Prinzip zurückgreifen. Das bedeutet, im ersten Schritt der agilen CRM-Entwicklung so vorzugehen, dass auf die 20 Prozent der Funktionalitäten fokussiert wird, mit denen sich 80 Prozent des Geschäftswerts abbilden lassen. Mithilfe eines agilen Projektmodells wie Scrum können Unternehmen außerdem im Rahmen kurzer Sprints funktionsfähige Zwischenergebnisse erzielen – und erhalten so recht früh eine erste Version des CRM-Systems, die sich schrittweise weiterentwickeln und in späteren Projektschritten um weitere Details (die verbleibenden 80 Prozent der Funktionalitäten) sukzessive ergänzen lässt.

Praxisbeispiel: Kundenbindungssystem bei der Office World AG

Die MTH Retail Group Holding GmbH ist eine Handelskette mit Tochterunternehmen in der DACH-Region. Seit 2017 gehört auch die Office World AG dazu. Als führender Anbieter von Bürobedarf in der Schweiz verfügt sie über 24 Filialen sowie einen Onlineshop. Mit der Erweiterung des Unternehmensportfolios stand die MTH Retail Group vor der Herausforderung, die bestehende heterogene Systemlandschaft und bestehende Geschäftsprozesse zu vereinheitlichen. Ziel war es daher, nach und nach ein übergreifendes CRM-System zu implementieren, das nicht nur eine moderne Systemarchitektur bietet, sondern auch sehr flexibel, bedarfsgerecht erweiterbar und interoperabel ist. Wichtig war zudem, dass es eine sehr gute Performance beim Handling von mehreren Millionen Kundensätzen offeriert. In erster Instanz galt es daher, das bestehende CRM-System der Office World AG durch eine Open-Source-Lösung zu ersetzen. Dazu gehört auch ein integriertes Kundenbindungssystem, die Office World Kundenkarte, über das Kundenumsätze nahezu in Echtzeit in das CRM-System fließen. Zugleich verbucht es bei Vorlage der Karte Treuepunkte und erstellt automatisiert Gutscheine, die auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt sind. Der erfolgreiche CRM-Rollout der Office World AG stellt jedoch nur den ersten Schritt dar: Nachdem das neue CRM-System im Produktivmodus überzeugt hat, steht die Ablösung der CRM-Systeme weiterer Tochterunternehmen auf der Agenda.

 

Wie ein Chamäleon

Das Praxisbeispiel zeigt: Beherzigen Unternehmen die Erfolgsfaktoren – angefangen bei der Auswahl eines flexibel anpassbaren CRM-Systems über die präzise Abbildung individueller Prozesse bis hin zu einer agilen Einführung, legen sie eine optimale Basis für erfolgreiche Kundenzentrierung. Perfekt auf die Unternehmensanforderungen abgestimmt und nahtlos integriert, fügt sich das CRM-Tool nahezu unsichtbar in seine Umgebung ein – ebenso wie ein Chamäleon.

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Tim Neugebauer, Geschäftsführer der DMK E-Business GmbH, zeigt auf, wie sich IT-Abteilungen wandeln müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren.