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Kundenservice und Marketing: Der Spagat in sozialen Medien

Sechs Tipps, wie Sie als Unternehmen in den sozialen Medien richtig mit Kundenanfragen umgehen.
Léonie Brown | 14.04.2020
Kundenservice und Marketing: Der Spagat in sozialen Medien © Pixels / picjumbo.com
 

Auf den ersten Blick scheint kein Werkzeug besser für den Kundenservice geeignet zu sein als die sozialen Medien: Nahezu jedes Unternehmen ist auf einer Plattform vertreten und motiviert, Probleme rasch zu beheben. Wo sonst könnte man einfacher und schneller Informationen zu einer Marke bekommen?

Neun von zehn Kunden haben bereits über soziale Medien mit Firmen interagiert

Doch bei genauerer Betrachtung harmonieren Kundenservice und Social Media doch nicht so gut. Ein Großteil der Kommunikation läuft öffentlich ab, aber nicht jeder verkündet gerne laut, dass er seinen Flug verpasst hat oder von der neuen Gesichtscreme Ausschlag bekommt. Zudem ist die Interaktion über diesen Kanal wenig zielgerichtet: Sie gleicht einem Besuch in der Eingangshalle eines Unternehmens. Man hofft, dass der Rezeptionist einen zum richtigen Mitarbeiter führt, wenn man nur möglichst laut auf sich aufmerksam macht.

All dies führt dazu, dass die sozialen Medien hinsichtlich ihrer Eignung als Servicepfad mit Skepsis betrachtet werden sollten. Ja, es stimmt: Neun von zehn Konsumenten haben bei einem Problem schon einmal über die sozialen Medien Kontakt zu einem Anbieter aufgenommen. Doch lediglich fünf Prozent bezeichnen diesen Weg als ihren bevorzugten Kanal. Das unterstreicht die These, dass soziale Medien für den Kundenservice nicht die ideale Plattform sind – weder für das Unternehmen noch für die Kundschaft. Dennoch ist Social Media so präsent, dass Firmen es sich nicht leisten können, keinen Plan für Nutzeranfragen in petto zu haben.

Sechs Tipps für den richtigen Umgang mit Kundenanfragen in den sozialen Medien


1. Sichten Sie Ihre Social-Media-Kanäle

Überlegen Sie es sich genau, wie Sie auf Serviceanfragen in den sozialen Medien reagieren. Marketingfachleute freuen sich in der Regel, wenn Kunden ihren Frust öffentlich machen: So bekommt das Unternehmen die Gelegenheit zu einer überzeugenden und positiven Reaktion, wodurch die Interaktion beim Verbraucher Loyalität und Vertrauen weckt. Erfahrene Customer-Service-Teams wissen jedoch, dass ein glücklicher Gesprächsverlauf keine Selbstverständlichkeit ist. Gespräche, die mit schlechten Kompromissen oder – schlimmer noch – unzufriedenen Kunden enden, sind für eine Abhandlung in der Öffentlichkeit nicht ideal.

Sprich: Die Verantwortlichen sollten Servicegespräche „sichten“. Dabei müssen sie sämtliche Anfragen einschätzen und nach Dringlichkeit und Bedeutung priorisieren.

So auch bei Kundenanfragen in den sozialen Medien: Entscheiden Sie rasch, ob es sich lohnt, eine Kundenanfrage öffentlich zu verhandeln oder lieber auf einer privateren Ebene fortzuführen, etwa mit einer privaten Nachricht.

Lässt sich das Problem erfolgreich, schnell und öffentlich klären, sollten Sie sich diese Chance nicht entgehen lassen. Schließlich wird Ihre Reaktion von anderen beobachtet. Das gilt besonders dann, wenn das Thema auch andere Konsumenten betrifft: Dann lösen Sie es öffentlich und zeigen so dem gesamten Publikum, dass Sie geeignete Maßnahmen ergreifen.

Im besten Fall lösen Sie nicht nur die akute Anfrage des Kunden, sondern landen auch noch einen Marketingerfolg. Eine Fluggesellschaft beispielsweise reagierte auf den Tweet eines Fluggastes, der sich über den Mangel an Kaffeeständen am Terminal beschwerte, mit einer All-you-can-drink-Kaffeeüberraschung im Flieger.

Können Sie das Problem nicht beheben, lassen Sie es den Kunden behutsam in einer privaten Nachricht wissen. Das gleiche gilt, wenn die Anfrage seltsam ist oder Ihr Serviceverfahren nicht positiv genug präsentiert. Dann sollten Sie das Gespräch unter vier Augen fortsetzen.


2. Warten Sie nicht mit einer Antwort

In einer idealen Welt verfügt jedes Unternehmen über ein Social-Media-Team, das rund um die Uhr innerhalb weniger Minuten auf Kundenkommentare reagiert. Das ist jedoch selten möglich. Geben Sie auf Ihren Social-Media-Profilen stattdessen „Öffnungszeiten“ an – so lassen Sie jeden wissen, wann Sie am besten erreichbar sind. Während dieser Zeit sollten Sie die Anfragen innerhalb von 60 bis 120 Minuten beantworten. Je schneller, desto besser. Denn einer Studie von NM Incite zufolge würden 33 Prozent der Befragten eine Marke weiterempfehlen, die eine prompte Antwort gibt, selbst wenn sie nicht zum Ziel führt.

Bevollmächtigen und trainieren Sie Ihre Mitarbeiter. Nur so können Sie zügig und selbstständig auf Kundenprobleme reagieren, anstatt auf die Erlaubnis des Vorgesetzten warten zu müssen.


3. Nehmen Sie Beschwerden ernst

Jedes Unternehmen erhält gelegentlich negative Kommentare in den sozialen Medien. Doch löschen Sie diese nicht direkt! Wer negatives Feedback verschwinden lässt, begräbt zwar das akute Problem, muss aber einiges an Vertrauenswürdigkeit einbüßen. Sie könnten schnell den Ruf bekommen, Kundenbeschwerden einfach zu ignorieren. Beleidigende Kommentare mit rassistischen, frauenfeindlichen oder homophoben Inhalten sowie Spam müssen Sie natürlich sofort löschen.

Nehmen Sie jede Beschwerde ernst und setzen Sie sich damit auseinander. Besonders in negativen Aussagen stecken oft wertvolle Verbesserungsvorschläge oder Anregungen, die Sie für Ihre Unternehmensstrategie und Kundenkommunikation nutzen können. Reagieren Sie zudem professionell und verständnisvoll. Oft zeigen sich Kunden bereits nachgiebig, wenn sie sich gehört fühlen und erkennen, dass Sie sich um ihre Zufriedenheit bemühen.

4. Seien Sie bei politischen Äußerungen vorsichtig

Wollen Sie in den sozialen Medien eine politische Meinung äußern, muss diese gut durchdacht sein. Wichtig dabei ist, dass sich Ihre Haltung und Aussagen vollkommen in Ihrer Marke widerspiegeln. Seien Sie sich außerdem bewusst, dass die Menschen im Internet nachtragend sein können: Wenn Sie sich heute beispielsweise für Umweltschutz einsetzen, in der Vergangenheit aber große Mengen an Treibhausgasen bei der Produktion Ihrer Waren ausgestoßen haben, werden Sie die Kunden garantiert immer wieder daran erinnern.


5. Gestalten Sie die Kommunikation persönlicher

Menschen möchten individuell behandelt und nicht mit einer Standardantwort abgespeist werden. Mit einer Aussage wie „Entschuldigung, dass Sie Ihre Bestellung nicht erhalten haben. Wir werden das überprüfen“ machen Sie niemanden glücklich.

Gestalten Sie die Interaktion persönlicher, indem Sie auf das Problem des Kunden eingehen und ihn direkt ansprechen. Denken Sie daran, es handelt sich um die sozialen Medien und nicht um ein förmliches Format wie eine Support-Hotline oder E-Mail. Wenn es die Policy Ihres Unternehmens erlaubt, sprechen Sie den Kunden mit seinem Vornamen an. Lassen Sie außerdem Ihren Social-Media-Agenten in seinem eigenen Namen auf die Anfrage antworten: „Hallo Leon, es tut uns wirklich leid, dass deine Lieferung noch nicht angekommen ist. Wie lautet deine Sendungsnummer? Wir kümmern uns direkt darum. Schöne Grüße Sophie.“ So hat der Kunde das Gefühl, es mit einem echten Menschen zu tun zu haben, anstatt mit einer gesichtslosen Kundenservice-Abteilung.

Passen Sie sich bei der Kommunikation zudem an den Ton des Konsumenten an: Haben Sie es mit einem Nutzer zu tun, der Sie höflich auf ein Problem aufmerksam macht und dabei sogar einen lächelnden Smiley benutzt, darf Ihre Antwort ebenfalls „fröhlich“ sein und passende Emojis beinhalten. Auch kleine Scherze sind erlaubt.

Ist jedoch jemand wirklich wütend, schlagen Sie einen neutralen Tonfall an, um ihn nicht weiter aufzustacheln.


6. Erstellen Sie spezielle Social-Media-Konten für den Kundenservice

Manche Unternehmen gehen einen Schritt weiter und richten eigene Social Media-Konten ein, die speziell für den Kundenservice konzipiert sind. Dies ist in der Regel ein cleverer Schachzug, da die meisten Kunden diese Accountssofort finden. Damit geben Sie die Empfangshalle für potenzielle Käufer und positiv gestimmte Kunden frei. Die übrigen Serviceanfragen können so rasch zu den richtigen servicespezifischen Konten weitergeleitet werden.

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Léonie Brown ist XM-Wissenschaftlerin bei Qualtrics.