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Mit Dynamic Pricing Käufe erzielen

Wie Price-Robots wichtige Beiträge zur Automatisierung der Preispolitik im Online-Handel leisten und Kaufbereitschaften abschöpfen.
Harald Münzberg | 15.06.2020
Zur Lenkungsfunktion des „Dynamic Pricing" © Fotolia / Sergey Nivens
 

Im Grunde geht es beim Dynamic Pricing (DP) darum, durch wechselnde Preise Kaufbereitschaften im Markt abzuschöpfen, um so seinen Markt bzw. seine Absatzmenge auszuweiten. Die grundsätzlichen Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage bleiben dabei bestehen - mit abnehmendem Preis steigt die Nachfrage.

 

Kapazitäten steuern

Für ein gleichartiges Produkt werden zeitgleich verschieden hohe Preise ausgerufen. Nach dieser Mechanik wird zuerst das Marktsegment mit der höchsten Kaufbereitschaft bedient. Danach die zweithöchste Kaufbereitschaft und so weiter. Wenn dann noch gegeben ist, dass die Marktsegmente der niedrigeren Preisbereitschaften größer sind und der Effekt der Mengenzunahme den Effekt der Preisabnahme kompensiert, dann würde der Umsatz (und der Absatz exponentiell) wachsen und zwar solange, bis der Preis bzw. die Preisbereitschaften den Grenzkosten entsprechen. Eine Situation die beispielsweise bei einem Impfstoff gegeben wäre. Das Marktsegment mit der höchsten Preisbereitschaft würde zuerst bedient werden. Danach das Segment mit der zweithöchsten Bereitschaft und so fort. Da das Abschöpfen der Kaufbereitschaft mit dem „Argument“ der zeitlich abgestuften Lieferzeit versehen ist, handelt es sich strenggenommen nicht mehr um ein gleichartiges Produkt.

Vergleichbare Marktmuster gibt es beispielsweise in der Touristik oder bei Flugreisen. Im sogenannten Yield-Management wird hier versucht mit abgestuften und wechselnden Preisen eine gegebene Kapazität auszulasten. Für bestimmte „Events“ und deren Ausprägungen, z.B. Wetter, können dann situativ, also nicht vorher feststehende Preise, aufgerufen werden. Eine extreme Ausprägung davon wären Auktionen von Hotelbetten. Das höchste Gebot erhält dann den Zuschlag. Auch in diesem Anwendungsfeld dient der Preis als Lenkungsanreiz gegebene Kapazitäten auszulasten. Dies führt dazu, dass Hotelzimmer bei bestimmten „Events“ zu Grenzkosten angeboten werden oder eben auch zu einem Vielfachen davon. Bei dem Einsatz dieser Mechaniken ist wichtig, dass der Markt dies akzeptiert und die Kunden sogar den Markt auf diese besonderen Angebote hin beobachten, um „Schnäppchen“ zu ergattern.

 

Den Deal machen

„Den Deal überhaupt zu machen“, ist eine andere Lenkungsfunktion des Preises. Diese Muster gibt es vor allem im Online-Handel auf Marktplätzen. Die Angebote der Marktplätze konkurrieren um das beste Angebot im Online-Handel und im stationären Handel. Auch hier ist es gelernte Praxis, dass Produkte auch über eine Zeitspanne von z.B. einem Tag verschiedene Preise aufweisen können. Preise werden beispielsweise über Preismaschinen (Re-Pricing Robot) angepasst. Der aufgerufene Preis folgt nicht selten dem niedrigsten Preis von definierten Produktpreisen ausgewählter Wettbewerber. Bei einer entsprechenden Produktsuche, beispielsweise im Amazon Suchschlitz, wird das Produkt dann in der Buy-Box mit dem besten Preis ausgelobt. Die Ergebnisse kann man dann auch aus Konsumentensicht mit einem gewissen Stirnrunzeln betrachten.

So ist der Preis für Canon Powershot (SX 730 HS) 244 Euro. Die anderen Angebote des Marktplatzes von Amazon sind beispielsweise für den Powershot 289,95 oder 291,08 Euro. Die UVP liegt bei 339 Euro. Immerhin ein Preisnachlass von 39 Prozent gemessen am UVP. Ein kurze Google-Suche zeigt dann auch sehr schnell den Benchmark-Preis bei Media-Markt, der auch bei 244 Euro liegt. Mit diesem „Re-Pricing“ will Amazon erstens den Deal machen. Zweitens will Amazon seiner Rolle als Preisführer nachkommen und festigt bei den Kunden sein Preisimage, das auch bei Folgekäufe ausstrahlt. Auch Amazon muss Geld verdienen. Deshalb liegt die Preisuntergrenze, einmal nachträgliche Konditionen außeracht gelassen, bei dem Wareneinstand. Unter diesem würden Verluste anfallen. Freilich wären bei anderen Zielen, wie z.B. der Frequenzerhöhung oder dem Verbundabsatz auch „Loss-Leader-Angebote“ für befristete Zeiträume denkbar. Mit weiteren Re-Pricing-Regeln ließe sich dann der Rebot füttern. Dies können dann beispielsweise Höchst- und Niedrigstpreise sein. Oder im Einzelfall auch Unterbietungsmuster. Diese könnten dann wiederum mit spezifischen Events, z.B. Produkteinführung, Restpostenverkauf, Auslauf der Saison, dynamisch verändert werden.

 

Individualisiertes Pricing

Verlassen wir nun die Lenkungsfunktion, „den Deal machen“ und kommen wieder zurück auf eine nachfrageorientierte Angebotssteuerung. Diese setzt weniger an einem Zielkauf und vielmehr an einem Shopping-Event an. Der Kunde hat keinen bestimmten Wusch, er will sich durch Angebote anregen lassen und dann gegebenenfalls kaufen. Die Customer Experience oder der Fashion-Style ist hier im Vordergrund. Aus der Situation des Bummelns zu Beginn einer Saison wird ein Kauf aus einer individuellen und situativen Kaufbereitschaft getätigt. Der Preis ist dann nicht mehr das zentrale Entscheidungskriterium, das Finden des Produktes rückt in den Vordergrund. Und für solche Events kann es jetzt sein, dass der Pricing-Robot schneller Preise anpasst. Beispielsweise Wochentage, Tageszeiten, Wetter aber auch den Ferienbeginn bei den Preissetzungsregeln berücksichtigt. Für den Kunden kann dies bedeuten, dass er für bestimmte Produkte an bestimmten Zeitfenstern mehr bezahlt ohne, dass dies durch zeitliche Präferenzen begründbar wäre. Sollten sich über den Tagesverlauf dann auch niedrigere Preis-Angebote für dieselben Produkte ergeben, die dann aber auf andere Käufer ausgerichtet sind, kann dies durchaus zu einem Verärgern des Käufers mit dem höheren Preis führen. Aus Sicht des Anbieters würde es zu individualisierten Preisangeboten kommen. Insbesondere wenn der Anbieter in der Lage wäre, ein auf den Kunden abgestimmtes Einkaufs- und Auswahlerlebnis zu orchestrieren.

Ein solches zumindest in der Kundenwahrnehmung individuelles Angebot setzt freilich das Wissen um die vergangenen Einkaufsdaten und Kaufentscheidungen voraus. Dies ist sicherlich ein Szenario, das für den Online-Handel vorstellbar ist, wenn Kunden dort personalisiert ihre Datenpunkte hinterlassen.

 

Omni-Channel-Pricing

Neben der Vorhersage der Kaufentscheidungen, im einfachsten Fall unter Berücksichtigung von (Kreuz-)Preis-Elastizitäten, sollte hier noch ein Aspekt des DP beleuchtet werden. Dieser Aspekt ist die Koppelung von zentral eingespielten Preisauszeichnungen in einer Omni-Channel-Umgebung. Am Beispiel von Baumärkten mit einer Artikelvielfalt von ca. 50.000 Produkten kann man sich leicht vorstellen, dass eine Vielzahl von Preiswechseln nur bei elektronischen Auszeichnungen sinnvoll durchzuführen ist. Da gilt es nun das stationäre Angebot mit Katalogen und Online-Angeboten simultan zu Ausgleich zu bringen. Dem sind Grenzen gesetzt. Ein Weg wäre es dies für bestimmte Schnelldreher oder Events anzudenken und besondere Preise online auszuloben, die die Standardpreissetzung für einen definierten Zeitraum aussetzen. Eine Mechanik, die zumindest mit Angebotsauslobungen wie „Best-Price in Town“ schon in einer manuellen Welt zum Einsatz kommt.

 

Fazit

Ja, Price-Robots für DP können wichtige Beiträge zur Automatisierung und damit Industrialisierung der Preispolitik im Online-Handel bei Angebotsvielfalt leisten. Sie können auch helfen, unterschiedliche Kaufbereitschaften abzuschöpfen. Dabei müssen mögliche Beschädigungen des Preis-Image abgewogen werden. Schließlich helfen auf der anderen Seite ShopBots (Shopping-Robots) den Konsumenten beim Fischen nach den günstigsten Preisen.

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Harald Münzberg berät Unternehmen, um ihre Stärken in der Schnittstelle zum Kunden stärker zu profilieren und die Kundenprofitabilität zu erhöhen.