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Im digitalen Hyperwettbewerb überleben

Der digitale Hyperwettbewerb heute erfordert eine strategische und operative Fokussierung von Unternehmen. Drei große Markenduelle aus der Praxis.
Michael Brandtner | 10.09.2020
Im digitalen Hyperwettbewerb überleben © Fotolia
 

Wir leben heute in einer Welt der „unendlichen Möglichkeiten“. Einen oder wahrscheinlich den wesentlichen Beitrag dazu leistete und leistet das Internet. So eröffnet uns das Internet nicht nur völlig neue Wege der Kommunikation, sondern es ist auch die Basis für unzählige neue Geschäftsmodelle und Marken von A wie Amazon über Facebook, Google, Netflix, Parship, Spotify, WhatsApp, YouTube bis Z wie Zoom. Nur damit steigt auch die Gefahr, dass man sich in dieser „Welt der unendlichen Möglichkeiten“ strategisch und operativ verzettelt und verliert. Um besser zu verstehen, warum es geht, sollten wir uns drei große Markenduelle näher ansehen.

 

Von Yahoo! und Google lernen

Einst war Yahoo! die weltweit führende Suchmaschine. Dann entschied das Management, den Fokus der Marke zu erweitern, um das „volle Potenzial des Internets“ zu nutzen. Aus einer Suchmaschine wurde so ein Alles-für-alle Online-Portal. Die Managementlogik war klar: Da der Suchmaschinen-Markt nur ein kleiner Teilmarkt eines Portals ist, muss der Portal-Markt in Summe um vieles größer als der Suchmaschinen-Markt sein. Auf dem Papier ist das sicher richtig. Nur übersah man dabei, dass man so die Suchmaschinen-Position in der Wahrnehmung der Kunden aufgab.

Diese Position überließ man Google. Wenn man heute die Website von Yahoo! aufsucht, findet man oben ein Suchmaschinen-Fenster. Darunter dann jede Menge Rubriken wie Mail, Coronavirus, Nachrichten, Sport, Finanzen, Stars, Style, Wetter, Kino und Weitere. Wenn man heute die Website von Google aufsucht, findet man prominent die Sucheingabe. Google ist auf den ersten Blick eine Suchmaschine, Yahoo! ist ein digitales Durcheinander und Desaster.

 

Von Air Berlin und Ryanair lernen

Aber auch in der analogen Welt versuchen Manager immer wieder, ihre Marken so breit wie möglich zu definieren, um (wenigstens auf dem Papier) so viele Kunden wie möglich anzusprechen. Typisches Beispiel dafür war Air Berlin. Noch 2013 erklärte der damalige CCO der Fluglinie: „Air Berlin ist die Airline für alle – dies müssen wir für den einzelnen Kunden maßgeschneidert rüberbringen. Urlauber brauchen eine andere Ansprache als Geschäftsreisende, für die beispielsweise Gepäckregelungen weniger wichtiger sind. Wir haben unterschiedliche Ziel- und Interessengruppen, das können allein reisende Kinder, Senioren oder auch Special-Interest-Gruppen sein.“

Ganz anders Ryanair! Statt zu versuchen, alle zu erreichen, fokussierte sich die Fluglinie konsequent auf das Diskontsegment, um dieses auch dauerhaft mental und tatsächlich zu dominieren. Auf dem Papier mag Ryanair weniger Kunden als Air Berlin ansprechen. Nur in der Wahrnehmung ist Ryanair die Diskontfluglinie Nr. 1, während Air Berlin – solange man existierte – maximal als weitere Fluglinie unter vielen wahrgenommen wurde. Und genau das macht – langfristig gesehen – den großen Unterschied aus.

 

Von MySpace, Friendster und Facebook lernen

Spannend dazu ist auch die Geschichte von Facebook! Eigentlich dürfte Facebook heute gar nicht das weltweit führende Soziale Netzwerk sein. Denn als Facebook im Jahr 2004 gegründet wurde, gab es bereits zwei führende Soziale Netzwerke, nämlich MySpace und Friendster. Nur statt diese beiden „Marktführer“ frontal anzugreifen, entscheid sich Mark Zuckerberg für einen anderen, fokussierten Weg.

So war Facebook zuerst nur das Soziale Netzwerk für Harvard. Basierend auf der Führungsposition in Harvard fokussierte er sich im nächsten Schritt auf die sogenannte berühmte Ivy League, nämlich neben Harvard auf Brown, Columbia, Cornell, Dartmouth, Pennsylvania, Princeton und Yale. Dann folgten die Hochschulen in den USA generell, dann international und dann gab er Facebook für alle frei.

Mit diesem fokussierten Wachstumskurs bewegte sich Facebook nicht nur immer von einer Marktführerposition zur nächsten, man überholte so auch – immer aus einer Position der Stärke – Schritt für Schritt Friendster und MySpace. So scheitern viele Start-up-Unternehmen daran, dass man den eigenen Markt zu breit und zu groß definiert, statt fokussiert auf Wachstum zu setzen.

 

Positionierung und Fokussierung

Heißt: Je härter der Wettbewerb wird, desto genauer und spezifischer sollte man den Fokus der eigenen Marke definieren. Denn je breiter man eine Marke auf dem Papier definiert, desto unspezifischer wird diese in der Regel wahrgenommen. Nicht umsonst verlangt eine starke Positionierung so gut wie immer Opferbereitschaft.  Vor allem aber sollte man die eigene Strategie nicht aus Sicht des Managementpapiers, sondern immer aus Sicht der Kundenwahrnehmung entwickeln. Wo liegt also der Fokus Ihrer Marke, um dauerhaft zuerst in der Wahrnehmung und dann am Markt eine starke Position einzunehmen? Die Antwort auf diese Frage, kann über Erfolg oder auch Misserfolg entscheiden. Das gilt speziell in der Welt des digitalen Hyperwettbewerbs.

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Michael Brandtner ist Berater für strategische Positionierung, Partner of Ries Global und Autor des Buches „Markenpositionierung im 21. Jahrhundert“.