Interaktive E-Mails einsetzen
Interaktive E-Mails bringen die Landingpage direkt in die Inbox. Der Empfänger kann direkt in der Client App eine Handlung vornehmen. Das ist ein wichtiger Vorteil gegenüber dem traditionellen Ansatz der E-Mail als Teaser mit Call-to-Action → anschließender Landingpage → Handlung des Nutzers auf derselbigen. Diese interaktiven Anwendungen sind inzwischen sehr vielseitig: Der Microshop für die Direktbestellung in der Mail, direkte Terminvereinbarungen für eine Beratung aus einem Dropdown, vorausgefüllte Kontaktdaten im Mail-Formular, dynamischer Content zum Öffnungszeitpunkt nachladen, einzelne Fragen innerhalb einer Umfrage in der Mail aufklappen und ausfüllen. Die Vorteile sind offensichtlich: Mehr Attention, Convenience-Steigerung und eine bessere Conversion lassen sich ohne Medienbruch und Zusatzklicks erzielen.
Die Shop-Funktionalität wird ausschließlich in HTML und CSS umgesetzt. Die Verwendung von JavaScript ist nicht möglich, da dies von den E-Mail-Clients unterdrückt wird. Daher ist die Verwendung einer passiven Logik notwendig. Zum Einsatz kommen hierfür Formularelemente und umfangreiche CSS-Regeln. Dies wird, insbesondere im B2C-Umfeld, von 50 Prozent bis 70 Prozent der Clients unterstützt. Für statische Clients wie Outlook ist die Integration eines zuverlässigen Fallbacks zwingend. Die User Experience ist auch hier mindestens so gut wie bei der herkömmlichen Teaser-CTA-Webshop-Mechanik. Der HTML-Code für die interaktiven Elemente wird entweder manuell geschrieben oder durch eine spezialisierte Plattform generiert und im Versandsystem integriert. Da die Interaktivität nur mittels HTML umgesetzt wird, ist diese grundsätzlich unabhängig vom verwendeten ESP-System. Die Entwicklung steht hier zwar noch am Anfang, doch illustrieren die folgenden Beispiele aber gut, welche Erfolge bereits erzielt wurden und welches Potenzial in der Technologie steckt.
Google hat mit AMP4Email eine eigene Technologie für interaktive Funktionalität in E-Mails lanciert. Es handelt sich dabei um einen für die Anwendung in E-Mail optimierten Subset des AMP-Frameworks.
Diese wird derzeit nur von Gmail unterstützt und erfordert zusätzliche Funktionalität im Versandsystem (ESP) sowie ein Whitelisting durch Google. Trotz der Eintrittshürden bietet AMP4Email zusätzliches Potenzial, insbesondere in Kombination mit der zuvor vorgestellten Technologie für Interaktivität in E-Mails. Durch die Kombination von beiden lässt sich eine Abdeckung von über 70 Prozent, im Optimalfall sogar gegen 90 Prozent der Empfänger erreichen. Dies vor allem im B2C-Umfeld, wo das früher dominante und bis heute sehr unflexible Outlook nur noch eine marginale Rolle spielt.
Integrierter Microshop in der E-Mail
Die klassische E-Mail ist im E-Commerce ein nicht wegzudenkender, sehr zuverlässiger Verkaufskanal. In den letzten Jahren ist der Versand dank intelligenter Selektionen und automatisierten Dialogstrecken immer effizienter geworden. Auf dem Weg zum Shop, zur Bestellung und zum Check-out sind nach wie vor diverse Medienbrüche zu überwinden, bis der Empfänger die Bestellung tatsächlich abschickt. Ziel ist es, diesen Prozess zu verschlanken und zu vereinfachen. Auch soll es möglich sein, mithilfe einer neuen Technologie mittels direkter Bestellmöglichkeit in der E-Mail eine Conversion-Steigerung von mindestens 20 Prozent zu erzielen. Mit einem Microshop in der E-Mail – Angebote, Auswahl der Bestellmenge sowie Check-out-Prozess – kann dies erreicht werden.
HTML-Code unabhängig vom eingesetzten E-Mail-System
Um die Erstellung der E-Mails möglichst weitgehend zu automatisieren, werden die Produktdaten über einen Google Shopping Feed direkt aus dem Webshop geladen. Lediglich Produktnummer und Rabattierung müssen bei der Erstellung der E-Mail eingetragen werden. Die Erzeugung des HTML-Codes erfolgt durch die entwickelte API für interaktive E-Mails. Sie ermöglicht es, auch ohne spezialisiertes Wissen interaktive Elemente für E-Mails zu erstellen. Der dabei erzeugte HTML-Code ist grundsätzlich unabhängig vom eingesetzten E-Mail-System (ESP).
Schließt der Empfänger den Kauf ab, wird die im E-Mail-System hinterlegte Kundenidentifikation mitgegeben. Die Bestellung wird damit an das ERP-System übergeben und eine Bestellbestätigung versandt. Um Missbrauch vorzubeugen, werden die Bestelldaten serverseitig validiert und die Benutzer-ID überprüft. Es existieren bereits weitere Anwendungsfälle direkt in der Mail, wie Umfragen mit Auswahloptionen für Antworten, ein Adventskalender mit 24 Aktionsfeldern, welche an den Öffnungszeitpunkt gebunden sind, ein Karussell mit punktuellen Auswahlmöglichkeiten.
Beispiel 1: Microshop für Weinshop
Die Aufgabe konnte funktional und technisch umgesetzt werden und befindet sich bei einem Wein- und Spirituosenhändler erfolgreich im Einsatz:
- Der Microshop wurde für vier bis acht Produkte konzipiert. Mehr bietet sich aufgrund der Funktionsweise der E-Mail nicht an. Vorherige Kundenselektionen für die Relevanzsteigerung des Angebots sind deshalb hilfreich.
- Der Nutzer wählt Produkt(e) und Bestellmenge direkt in der Mail aus. Letztere kann in anderen Branchen ersetzt werden durch Attribute wie „Konfektionsgröße“ oder „Farbe“. Es bietet sich an, solche Microshops auf einfache Produkte und gezielte Aktionen zu konzentrieren, bei denen die Auswahlmöglichkeiten nicht zu kompliziert sind.
Abb. 1: Microshop für Direktbestellung in der E-Mail.
- Im integrierten Warenkorb wird die ausgewählte Menge gespiegelt und der Bestellbetrag errechnet. „Zur Kasse“ löst die Bestellung aus. Bei B2B-Transaktionen reicht hierzu häufig eine Rechnungstellung. Im B2C-Umfeld wird der Nutzer auf die im Webshop hinterlegten Zahlungsmittel weitergeleitet, um den Zahlungsprozess abzuschließen. Der Versand der Ware wird aus dem ERP ausgelöst.
Beispiel 2: Multichannel-Adventskalender
Und wieder kam die Weihnachtszeit, die wichtigste Umsatzperiode und gleichzeitig jene der überfüllten Mailboxen und der schier grenzenlosen Ablenkung des Kunden für Angebote aller Art. Die Erfahrungen mit einem Adventskalender beim Fotobuchentwickler ifolor aus dem Vorjahr waren sehr vielversprechend, die Kampagne sollte deshalb für 2019 ausgedehnt, die ifolor-Organisation stärker eingebunden werden. Wie lässt sich auf der Multichannel-Klaviatur spielen und das Optimum aus dieser Kampagne herausholen? Das Ergebnis ist beeindruckend.
Spezialisten kooperieren für mehr Umsatz und besseren ROI
Die Herausforderung bestand darin, die Kreativagentur, die Digitalagentur für die Erstellung der Microsite sowie die internen Spezialisten beim Kunden für dieselben Ziele zu gewinnen: 24 wichtige Tage im Dezember mit genauso vielen Preisen bespielen, Awareness erhöhen, Reichweite steigern, mehr Teilnehmer motivieren, Anzahl Teilnahmen erhöhen, inaktive Nutzer in der entscheidenden Phase reaktivieren, insgesamt Umsatz steigern, ROI verbessern. Das ist der Stoff, aus dem spezialisierte Dienstleister sich zusammenschließen, um den Kunden optimal zu bedienen. Diese organisatorische Challenge musste zusätzlich zur Erzielung einer Win-win-Situation gestemmt werden.
Eigenständige Microsite und interaktive E-Mail
Herzstück war die „Best of Advent 2019“-Microsite mit dem Adventskalender. Alle neuen (Social-Media-)Kontakte und jene von der zentralen Webseite wurden dorthin geleitet. Als Gegenstück und für die Bedienung der bestehenden Kontakte diente die E-Mail mit integriertem Adventskalender zur direkten Interaktion. Diese Mail wurde während vier Versandtagen an eine Empfängerzahl im größeren sechsstelligen Bereich versendet. Tagespreise in der Gesamthöhe von 26’000 Schweizer Franken wurden ausgelobt und lockten trotz minimalem Versand der E-Mail zur täglichen Teilnahme an der 24-Tage-Ausschreibung. Tägliche und zum Teil videoanimierte Social-Media-Kampagnen auf Facebook und Instagram waren die Traffic-Bringer für Neuanmeldungen im E-Mail Verteiler und damit auch für Neukunden.
Dieser wöchentliche Versand einer E-Mail mit dem Adventskalender, kombiniert mit einer eingebauten Reminder-Funktion für die tägliche Erinnerung, erhöhten die Teilnehmerzahlen deutlich. Die wichtigen E-Mail-KPI lagen dank der hohen Relevanz des Inhaltes stark über dem Jahresdurchschnitt des Regelversandes. Die Teilnahmen direkt in der interaktiven E-Mail lagen bei 40 Prozent und waren damit im Vergleich zur Microsite (60 Prozent) sehr hoch. Die Peaks der Teilnahmen korrelierten einerseits mit den vier Versandtagen der E-Mail, waren aber auch abhängig von der Attraktivität der Preise. Die Abonnenten der Reminder-Funktion haben täglich zugenommen, wenn auch degressiv, genauso wie die Neuanmeldungen für den Newsletter. Sowohl Neukunden wie Bestandskunden, welche nach der Teilnahme an einer Tagesverlosung ihre erste Bestellung im ifolor Weihnachtsgeschäft getätigt haben, entwickelten sich erfreulich. Inaktive Kunden konnten im einstelligen Prozentbereich zurückgeholt werden. Die gesetzten Ziele wurden vollumfänglich erfüllt.
Technisch wurden alle E-Mails über der Selligent Marketing Cloud ausgespielt. Auch die Teilnahmen an den Tagesverlosungen sowohl aus den E-Mails wie auch aus der Microsite wurden über diese Plattform verwaltet. Alle Auswertungen konnten aus dieser Datenbank erstellt werden.
Qualitativ lief die Zusammenarbeit zwischen den Dienstleistern sehr erfreulich, ein Content-Hub ermöglichte zusätzlich die effiziente Inhalte- Produktion und das Ausspielen auf verschiedenen Kanälen. Eine rund dreimonatige Vorlaufzeit reichte, um den hohen Koordinationsaufwand und die notwendige Zusammenarbeit aller Beteiligten zu kanalisieren und den bereits im Vorjahr erzielten Erfolg weiter zu stärken. Aus den anfänglichen Befürchtungen, die Kampagne könnte von den eigentlichen Weihnachtsbestellungen ablenken, ist der Überzeugung gewichen, dass diese Mehrkanalkampagne einen nachhaltigen Nutzen bringt und mehrere Ziele wiederholt erfüllen kann. Die Kampagne wurde bisher zweimal ausgezeichnet: von der Jury des E-Mail-Awards 2020 und von Selligent.
Beispiel 3: Neukundenakquisition bei einer Krankenkasse
Um den Erfolg einer E-Mail-Kampagne zu maximieren, nimmt die Segmentierung der Adressen einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Durch die stetig steigende Anzahl an Mailings ist es unabdingbar, den Abonnenten relevanten und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Inhalt zu liefern. Gerade auch im Bereich der Akquisition von Neukunden ist die Einteilung der Leads in Gruppen ein optimales Vorgehen. In der vorliegenden Kampagne „Lead-Segmentierung mittels interaktivem Gewinnspiel“ einer Schweizer Krankenkasse, welche im Sommer 2020 umgesetzt wurde, konnten die Interessen der Empfänger dank gezielter Botschaften in einem Wettbewerb angesprochen werden.
Generierte Adressen über ein Gewinnspiel segmentieren
Im Fokus des Projektes stand für die Krankenkasse die Neukundengewinnung von Familien. Die Kampagne, in deren Zentrum ein interaktives Gewinnspiel stand, sollte die vorab generierten Adressen aufgrund der Teilnahmeoptionen in Cluster segmentieren. Durch die Möglichkeit einer Preisauswahl, welche sich an unterschiedlichen Altersstufen der Kinder in einer Familie orientierte, wurde den Teilnehmern das Gefühl vermittelt, dass die Krankenkasse ihre Kunden ernst nimmt und die verschiedenen Interessen von Familien wahrnimmt. In einem nächsten Schritt wurden auswahlspezifische Informationen zugestellt; mit der dritten Ansprache sollten die inzwischen entwickelten Leads mit auf die Cluster zugeschnittenen Angeboten angesprochen und überzeugt werden.
Als Basis für die Kampagne wurden eine Vielzahl von E-Mail-Adressen über diverse Touchpoints generiert. Die Kontaktpunkte wurden bewusst dort gewählt, wo mehrheitlich Familien anzutreffen sind. Im Zentrum des Segmentierungsprozesses stand das interaktive Mailing mit dem Ziel, über die Inhalte des Wettbewerbs die Empfänger in Gruppen potenzieller Neukunden einzuteilen. Es wurden die folgenden drei Segmente definiert (Abbildung 2):
Cluster: Familien mit Babys oder bestehendem Kinderwunsch (0-3
Jahre)
Cluster: Familien mit Kleinkindern (4-12 Jahre)
Cluster: Familien mit Kindern im mittleren bis ins jugendliche Alter
(ab 13 Jahren)
Für die Zuordnung der Adressen in das passende Cluster wurde ein Gewinnspiel lanciert. Dabei konnten sich die Teilnehmer für einen von drei Preisen, dargestellt in drei verschiedenen Altersklassen der Kinder, entscheiden. Aufgrund der Preisauswahl wurde die Einteilung in die Cluster vorgenommen.
Als Besonderheit und anstelle einer Landingpage wurde das Gewinnspiel direkt in der Mail umgesetzt. Die Wahl des Wunschpreises sowie die Akzeptanz der Teilnahmebedingungen erfolgten demnach im Mailing selbst. Infolgedessen konnte ein Medienbruch über eine separate Page verhindert werden. Damit kausal zusammenhängende Abbrüche konnten verhindert beziehungsweise auf ein Minimum reduziert werden.
Abb. 2: Neukundenakquise bei einer Krankenkasse.
Personalisierte Inhalte und Angebote zustellen
Im Anschluss zur Wettbewerbsteilnahme wurde in einem nächsten Schritt ein Informations-Newsletter pro Segment manuell versendet. Dieses Mailing beinhaltete themenspezifische Ratschläge sowie konkrete Vorteile der Krankenkasse. Für jedes Cluster wurde ein individueller Inhalt ausgearbeitet, um die Relevanz des Contents zu erhöhen und das Interesse zu steigern.
In einen dritten und finalen Schritt konnte die Krankenkasse mit persönlichen, auf den Wohnort und die gewählte Altersgruppe abgestimmten Angeboten auf die Interessenten eingehen und diese zum Kauf anregen. Die Conversion konnte signifikant gestärkt werden. Denkbar wäre in Zukunft, dass der gesamte Prozess der drei Mailings automatisiert durchgeführt wird.
Steigerung der Komplexität
In einer weiteren Kampagne hat die Krankenkasse aufgrund der Auswahl eines konkreten Angebots durch den Empfänger in einer Mail verschiedene interaktive Optionen von Beratungsterminen aufgeklappt. Damit wurde dem Empfänger an dieser Stelle eine direkte Auswahl ermöglicht. Der Workflow wurde unmittelbar zur nächsten Entscheidungsphase weiterentwickelt, um den Interessenten nicht zu verlieren.
Umsetzung ist technologieneutral
Solche Kampagnen können in jede beliebige Versand-Technologie (ESP) integriert werden. Ausgangspunkt ist ein HTML-Code, welcher in Zukunft über eine zentrale Plattform generiert und kundenspezifisch konfiguriert wird. Die ESP-Integration erfolgt über Custom-Widgets, API oder manuell. Dies hängt stark von den Möglichkeiten des jeweiligen ESP ab. Ein erster ESP bietet diese Integration bereits an. Gespräche mit weiteren ESPs sind zum Redaktionsschluss kurz vor dem Abschluss.