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CES 2023: Overhyped & Underhyped

Hier sind Trends, die dem Hype nicht gerecht wurden, und solche, die zu überraschen wussten.
Publicis Sapient | 13.01.2023
CES 2023: Overhyped & Underhyped © Freepik / flashmovie
 

Cory Siansky, Technology Consultant beim Beratungshaus Publicis Sapient

 

Die diesjährige CES hat mal wieder gezeigt, dass einige der Themen, die vor der Messe gehyped wurden, nicht unbedingt diejenigen sind, die sich auch als Erste durchsetzen werden.

Overhyped

Haushaltsroboter

Während Boston Dynamics weiterhin mit tanzenden zweibeinigen Robotern und etwas unbeholfenen Roboterhunden beeindruckt, ist die Hardware für einen vollwertigen, lebensechten Assistenten, der bei der Hausarbeit helfen kann, noch nicht ausgereift - auch wenn es einige beeindruckende Fortschritte in Sachen Bewegungsabläufe gab. Ein humanoider, zweibeiniger Roboter, mit dem Menschen wie mit einem Haushaltsmitglied interagieren können, scheint in weiter Ferne. Dafür gewinnen Assistenten wie Apples Siri, Amazons Alexa und Hey Google an Bedeutung. Die Zahl der Integrationspartner der Gerätehersteller wächst. Es gibt immer mehr Produkte und die Kreuzkompatibilität nimmt zu. Bahnbrechendes ist jedoch auch hier nicht zu erwarten. Wenn man Alexa bittet, das Licht zu dimmen und die Vorhänge zu schließen, sind zusätzliche, meist teure Komponenten erforderlich, und die Einrichtung ist nach wie vor unnötig komplex. Unabhängig davon gibt es inzwischen sehr effektive Roboter, die singuläre Aufgaben wie Rasenmähen, Bodenwischen, Reinigen der Sonnenkollektoren und Schrubben der Poolwände einigermaßen gut erledigen können. Aber bisher ist kein Modell dazu in der Lage, all diese Funktionen nacheinander auszuführen und dann eine heiße Tasse Kaffee zu servieren – denn sie sind alle Einzelkämpfer.

Generalisiert anwendbare KI

Nicht nur die Gewinner der wichtigsten CES Innovation Awards zeugen davon, dass KI ein wesentlicher Bestandteil vieler erfolgreicher, kürzlich lancierter Hardware-Lösungen ist. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Algorithmen - oft durch eine Kombination aus robotergestützter Prozessautomatisierung (RPA) und maschinellem Lernen (ML) – so trainiert wurden, dass sie eine bestimmte Aufgabe zuverlässig erfüllen können. Medizinische Geräte sind ein gutes Beispiel dafür. Wird die KI mit einem neuen Fall konfrontiert, nachdem sie mit mehreren zehntausend Beispielen trainiert wurde, kann sie ein besonders effektives, genaues und effizientes Werkzeug sein. Heute funktionieren diese Anwendungsfälle jedoch nur für jeweils ein Problem gut. Bisher steht noch keine generalisiert anwendbare KI zur Verfügung, die zuverlässig gute Entscheidungen in einem komplexeren Szenario treffen kann. Das ist auch die Ursache für die schleppende Entwicklung autonomer Fahrzeuge: Autonomes Fahren ist komplizierter, als viele ursprünglich angenommen hatten. Es gilt Tausende verschiedener Regeln gleichzeitig zu berücksichtigten, von denen einige manchmal in Konflikt miteinander stehen. Es ist nicht die Stärke der KI im Jahr 2023, komplexe Entscheidungen zu treffen.

Smart Home

Nach der Ankündigung der CSA und Veröffentlichung des Smart-Home-Standards Matter 1.0 war die Spannung groß, dass endlich der Tag einer einheitlichen Benutzerschnittstelle für Haushaltsgeräte und Elektronik gekommen sei. Doch nicht so schnell. Der Matter 1.0-Standard ist ein sehr früher Entwurf. Nur wenige auf Matter setzende Hersteller bringen wirklich mehr als ein paar symbolische kompatible Produkte auf den Markt. Fragen zum Schutz des geistigen Eigentums der Unternehmen bleiben ungelöst. Dies sind zwar alles lösbare Probleme, aber wer heute ein Matter-kompatibles Produkt kaufen will, muss danach suchen. Diese Situation wird sich sicherlich verbessern, aber wie bei jedem Standard gibt es eine Anlaufphase mit Netzeffekten. Bis zur breiten Etablierung dürfte beispielsweise ein Matter-kompatibler Thermostat keine radikal andere Nutzererfahrung bieten als eine nicht Matter-kompatible Version.

Underhyped

LiDAR

Die meisten VerbraucherInnen dürften schon einmal von LiDAR gehört haben - einer Technologie, die Parallelen zum Radar aufweist, aber Laser zur Übertragung nutzt, und damit autonomes Fahren ermöglichen soll. Im vergangenen Jahr gab es zwei Entwicklungen, die zeigen, dass die Zeit für LiDAR gekommen ist. Erstens wird das traditionelle zylindrische Gehäuse durch eine Festkörperform ohne bewegliche Teile überholt, die kleiner ist und sich leicht in engen Räumen unterbringen lässt. Zweitens schließen sich die LiDAR-Hersteller mit Softwareunternehmen, meist Start-ups, zusammen, um die Sensor-Daten besser zu nutzen. Überall dort, wo sich Menschen oder Objekte bewegen, bietet sich für LiDAR ein potenzieller Use Case, beispielsweise um die Effizienz zu messen und die Sicherheit zu verbessern.

Augmented Reality

Vergleicht man Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR), so sind AR-Anwendungsfälle mit der derzeitigen Technologie am schwierigsten zu realisieren. Betrachtet man jedoch die bahnbrechenden Fortschritte auf der Hardwareseite durch Unternehmen wie Magic Leap und die wachsenden Zahl von Softwareentwicklungspartnern, die auf dieser Plattform aufbauen, entsteht ein sehr überzeugendes Angebot. Die Use Cases reichen von der Evaluation von Produkten in einem physischen Raum über technische Schulungen hin zu Anwendungen im Operationssaal, dem Einsatz für hochtechnische industrielle Prozesse und vieles mehr. Kurzfristig wird der stärkste ROI im kommerziellen Bereich zu verzeichnen sein, aber die breite Akzeptanz von AR-Tools auf dem Massenmarkt ist in drei bis fünf 5 Jahren zu erwarten, auch wenn nicht so allgegenwärtig wie bei Smartphones. Wer schon einmal YouTube genutzt hat, um eine Anleitung oder Gebrauchsanweisung besser zu verstehen, wird wahrscheinlich noch vor Ende dieses Jahrzehnts eine kontextreichere Version mittels AR-Brille verwenden, um effektiver zu sein.

Temporäre Tattoos

Auf der CES 2023 waren einige spannende Use Cases zu sehen, die sich Technologie zu Nutze machen, um Farbe auf die menschliche Haut zu bringen. So wurde beispielsweise ein Device präsentiert, mit dem sich eine temporäre Tätowierung durch parallele Wischbewegungen auf der Haut platzieren lässt. Ein anderes ausgestelltes Gerät vollbringt einen ähnlichen Trick und fungiert als Makeup-Applikator. Es mag überraschen, diese Entwicklung auf der „Underhyped“-Liste zu finden, aber sie wurde nicht nur breit in den Medien besprochen, sondern bietet Potenzial. Die gezeigten Lösungen sind massenmarkttauglich und gewinnversprechend. Es bleibt abzuwarten, ob es sich dabei um einen nachhaltigen Trend oder nur um eine vorübergehende Modeerscheinung handelt. Nicht außer Acht zu lassen sind auch potenzielle Use Cases für die plastische und rekonstruktive Chirurgie – ein Anwendungsfall, der noch nicht sehr gut erforscht ist. Mit Hilfe der Technologie könnten beispielsweise Skalpelllinien eines Chirurgen mit Millimetergenauigkeit maschinengesteuert auf dem Patienten platziert werden.

Diese bei weitem nicht erschöpfende Liste bietet einen Einblick in einige Themen, die auf der CES 2023 zu sehen waren. Viele andere präsentierte Entwicklungen treffen genau den Punkt, wo sich Hype und Marktreife überschneiden dürften. Zu diesen zählen unter anderem digitale Zwillinge, Fortschritte in der virtuellen Realität, E-Gaming in all seinen Varianten, öffentlich zugängliche Ladesysteme für Elektrofahrzeuge und viele mehr.

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