Marketing-Börse PLUS - Fachbeiträge zu Marketing und Digitalisierung
print logo

„Schwer ist leicht was“ oder: Das Telefon, dein unterschätztes Marketing- und Sales-Instrument

Das Telefon bietet im Vergleich zur E-Mail in gewissen Situationen entscheidende Vorteile. Gleichzeitig will das Telefonieren auch gekonnt sein.
Gerdt Fehrle | 03.02.2023
blog_telefonkontakt © unsplash.com
 

Vielleicht ist es ja eine beginnende Social-Media-Müdigkeit? Vielleicht registrieren die Unternehmen, die Vertriebs-Strategen und Sales-Experten aber auch, dass es mit Posts auf LinkedIn oder mit munteren TikTok-Clips allein am Markt nicht getan ist? Sicher ist, dass das Telefonieren, also die ‚klassische‘ Telefon-Akquise seit geraumer Zeit wieder im Gespräch ist.

Vorweg: Social Selling ist eine hervorragende Methode im Vertrieb. Über LinkedIn & Co. Lassen sich einfach, unkompliziert und schnell qualitative Kontakte aufbauen. Sofern man dranbleibt. Aber nur, wenn die Kommunikation irgendwann analog wird und sozusagen ins wirkliche Leben übergeht. Diesen Übergang bewerkstelligt am besten das gute alte Telefon.

 

Thema Lampenfieber

Allerdings: Wenn es ums Telefonieren geht, taucht immer wieder der Begriff ‚Lampenfieber‘ auf. Die Überwindung von Kontakt-Ängsten ist also offensichtlich ein Riesenthema in den Marketing- und Vertriebsabteilungen. Der Griff zum Telefon wird von vielen Marketing- und Sales-Experten als Herausforderung, sozusagen als ‚Verlassen der Komfortzone‘ erlebt. Gleichzeitig ist der dahinterstehende ‚Workflow‘ doch denkbar einfach: Abnehmen. Wählen. Kontakten. Aber: Ist es das wirklich?

 

Wer spricht, kann sich noch lange nicht ausdrücken

„Schwer ist leicht was“, wusste schon der große Münchner Volks-Poet Karl Valentin. Will sagen, nur wer etwas vermag, muss es noch lange nicht können. Dies gilt fürs Zuhören, fürs Schreiben und – fürs sprechen. Und damit auch fürs Telefonieren. Wir alle müssten es eigentlich lernen, das richtige Telefonieren. Tun wir aber meist nicht. Wir greifen halt ‚einfach‘ zum Hörer.

Verschiedene Faktoren bestimmen, ob ein Telefonat erfolgreich verläuft oder nicht. Die erste große Unbekannte ist die Zeitplanung der Person am anderen Ende der Leitung. Sprich: geht sie ans Telefon? Man muss schlicht den richtigen Moment erwischen – also Glück haben.

Die eigentliche ‚Arbeit‘ beginnt, wenn die Person, die man erreichen möchte, auch abnimmt. Dann muss man den richtigen Ton treffen. Wichtige Fragen sind dabei: Mit wem habe ich es zu tun? Wie möchte die Person angesprochen werden? Mit welchen Argumenten bekomme ich deren Aufmerksamkeit? Hilfreich ist, im Vorfeld des Telefonats Recherchen über die Zielgruppe als Ganzes und die Kontaktperson im Speziellen anzustellen. Man sollte die Zielgruppe und Zielperson also schon so gut wie möglich kennen, bevor der Erstkontakt erfolgt.

Hat man die Verbindung hergestellt und das Gespräch eröffnet, muss man etwas für den Gesprächspartner Relevantes zu sagen haben. Daran führt kein Weg vorbei. Relevantes könnte zum Beispiel ein Produkt oder eine Dienstleistung sein, die einen akuten oder langfristigen Schmerz des Gesprächspartners lindert. Relevantes könnte auch eine aktuelle und für den Kontakt spannende und neue Information sein.

Die einfache Regel lautet: Du darfst nicht langweilen! Behält einen der Telefonkontakt in positiver Erinnerung ist schon viel gewonnen und die Türe steht für weitere Kontakte offen.

 

Vorteile des Telefon-Kontakten

Im Gegensatz zu E-Mails, die schnell überflogen, ungesehen gelöscht oder ignoriert werden, ist am Telefon sofort die ‚richtige‘ Person am Apparat. Sie kann sich nicht um eine Antwort ‚drücken‘. Darüber hinaus entstehen durch den direkten Kontakt weniger Missverständnisse. Das Feedback auf Gesagtes ist unmittelbar. Man kann (und muss) spontan reagieren. Das sorgt für einen raschen Informationsfluss.

Ein weiteres wichtiges Argument für das Telefon ist deshalb auch der Zeitgewinn. Die Kommunikation ist direkt. Es gehen nicht zig E-Mails und auch Gedanken hin und her. Mit einem Telefonat ist oft die Basis für weitere produktive Kontakte gelegt. Irgendein weiterer Anknüpfungspunkt ergibt sich eigentlich immer.

Der Zeitgewinn gilt übrigens für beide Seiten. Entweder es passt oder es passt nicht. Ist das Gespräch gut verlaufen, gilt es, die dort getroffenen Vereinbarungen einzuhalten. Gleiches gilt für Absagen. Nein heißt nein. Damit muss man leben können. Ein weiteres Stichwort wäre hier: Mit Zurückweisungen umgehen können. Das ist für die allermeisten Menschen ein großes Problem.

Aber: In aller Regel verlaufen vor allem gut vorbereitete Telefonate kollegial. Es gibt meistens gute Möglichkeiten, weiter im Gespräch zu bleiben.

 

Fazit

Trivial also ist das nicht, dieses ‚einfach den Hörer abnehmen‘. Es ruft im Gegenteil komplexe Kernkompetenzen ab: Zuhören können (HIER ein Buchtipp zum Thema ‚Zuhören‘). Zurückweisungen ertragen. Was sagen können und etwas zu sagen haben. Und ja: Übung macht den Meister. Ein Training bei denen, die es schon lange machen, hilft sicher.

Das Telefonieren ist auch eine elementare Säule in der vertriebsunterstützenden Fachpressearbeit. Durch das Telefonieren entstehen persönliche Kontakte in die Redaktionen, die dann gerne ein offenes Ohr für neue, spannende Themen haben.

Img of Gerdt Fehrle

Gründer und GF Prospero, Germanist und Philosoph (MA), Texter, Konzeptioner und Visionär. Vorstand der Lup-Stiftung. Verleger und Business-Coach.