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Warum Social Media Manager von heute die CMO von morgen sind!

Steile These oder logische Konsequenz? Wie kommt diese Einschätzung?
Rüdiger Frankenberger | 09.10.2023
© freepik / Kamran Aydinov
 

Was für die Meisten wohl wie eine steile These klingt, ist aus meiner Sicht nur die logische Konsequenz, wenn man sich mit der Historie sowie den Aufgaben, Zielen und Strategien im Social-Media-Marketing intensiv auseinandersetzt.

 

Das Marketing hat sich seit Gründung von Google und Facebook sowie der daraus resultierenden Entwicklung des Internets und deren Nutzung gravierend verändert. Ebenso stark war und ist der Einfluss hinsichtlich der Anforderungen, Aufgaben und Kompetenzen an die Menschen, die im Marketing tätig sind. Zumindest scheint es auf den ersten Blick so. Schaut man jedoch ein bisschen genauer hin, so sind doch die Kernaufgaben im Wesentlichen geblieben.

Marketing ist nicht neu, nur anders - oder auch nicht

Die klassischen und heute noch wichtigeren Aufgabenbereiche, wie zum Beispiel die Markt- und Wettbewerbsanalyse, Zielgruppensegmentierung oder Strategie- sowie Maßnahmenentwicklung und deren Umsetzung, sollten immer noch die Basis sein. Wobei in vielen Unternehmen das Marketing zumeist für den kommunikativen Bereich verantwortlich ist und weniger ganzheitlichen Ansätzen folgt. Und genau das ist in der heutigen Praxis ein zunehmendes Problem, das in den sozialen Netzwerken klar ersichtlich ist.

Wirklich neu hingegen ist immer noch das „Neuland“ Internet, sind die veränderten Erwartungen auf Kunden- oder Bewerberseite, die unendlich vielen Informationen, Bewertungen und Kommentare, ein intensiverer Wettbewerb und höheres Tempo bei sinkenden Werbebudgets.

Seit mehr als 25 Jahren beschäftige ich mich beruflich mit Marketing und habe unter anderem in Werbeagenturen und für Dienstleister in der grafischen Industrie sowie Herstellern gearbeitet. Ich war schon zu Zeiten des neuen Marktes in der digitalen Szene und kenne die „klassische“ sowie „digitale“ Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Seit mittlerweile 20 Jahren lehre ich Marketing an verschiedenen Akademien und Hochschulen und erhalte unglaublich viele Einblicke in Unternehmen, Branchen und Berufsfelder. Und sehr zu meinem Leidwesen muss ich heute sagen, dass sich noch längst nicht genug gewandelt hat und es für viele Unternehmen im Marketing fünf vor zwölf ist. Und genau hier kommt der Social Media Manager ins Spie!

Social Media ist ein Treiber von Digitalisierung und Veränderung in Unternehmen

Kein anderes Thema im Marketing hat mich mehr zum Nachdenken bewegt wie Social Media und nach meiner Einschätzung in den vergangenen Jahren auf die Arbeit im Marketing den größten Einfluss genommen. Wie komme ich zu dieser Einschätzung, was bedeutet das für das Social-Media-Marketing und die Aufgaben der Mitarbeitenden in Zukunft?

Das will ich an den zehn folgenden Fragen verdeutlichen:

1. Wer lernt die unterschiedlichsten Ziel- bzw. Kundengruppen und deren Wünsche, Erwartungen sowie Bedürfnisse besser kennen als sonst irgendjemand im Unternehmen?

2. Wer muss unsere Produkte, deren Stärken und Schwächen inklusive Preise kennen?

3. Wer muss wissen, wann das Unternehmen gegründet wurde, von wem und ob die Geschäftsleitung lieber Kaffee oder Tee trinkt?

4. Wer lernt alle Mitarbeiter*innen, ehemalige und so manche potenzielle Mitarbeitende kennen?

5. Wer sollte die internen Schnittstellen, Prozesse und Ansprechpartner wie kein Zweiter kennen?

6. Wer ist Stimme und Gesicht des Unternehmens drinnen und nach draußen?

7. Wer weiß, welche Stakeholder auf welchen Plattformen tatsächlich wie aktiv sind?

8. Wer liest die Bewertungen, Anregungen, Ideen, Anwendungsbeispiele und Erfahrungen der Interessenten und Kunden und muss darauf angemessen reagieren?

9. Wer muss stets den Wettbewerb und dessen (digitale) Aktivitäten im Blick haben?

10. Wer liest täglich, was die Mitarbeitenden, Lieferanten, Vertriebspartner, Medien und Presse etc. denken und veröffentlichen?

Ich könnte diese Auflistung noch beliebig weiter ausführen; die Antwort auf diese zehn Fragen liegt auf der Hand. Es gibt nur eine einzige Position im Unternehmen, die als Antwort auf alle oben genannten Fragen zutrifft: die oder der Social Media Manager/in.

Schaut man sich die beispielhafte Stellenbeschreibung eines Social Media Managers vom Bundesverband Community Management (BVCM) e.V. an, so wird das breite Aufgabenspektrum des Social-Media-Managements deutlich. Sieben zentrale nennt der BVCM, von der Strategieentwicklung und -umsetzung, über das Change-Management und Reporting, der zentralen Schnittstellenfunktion und Koordination sämtlicher Social-Media-Aktivitäten bis hin zur Erstellung und Qualitätssicherung von Inhalten sowie dem Management und Führungsaufgaben.

Die Anforderungen sind hoch, ein Marketing-Background aus meiner Sicht sehr nützlich oder gar zwingend.

Des Weiteren heißt es beim BVCM weiter: „… sehr gute Kenntnisse der Kommunikations- und Plattformen im Social Web, Erfahrungen mit der Strategieentwicklung und stets den Überblick behalten. Wünschenswert sind zudem Erfahrungen in der Projektleitung bzw. -management, Reporting und Ergebnispräsentation, Kenntnisse von Veränderungsprozessen und Mitarbeitermotivation sowie ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und Empathie.“

Der Wunschzettel beinhaltet zusätzlich noch weitere wichtige Kompetenzen, wie zum Beispiel Überzeugungskraft, Durchsetzungsfähigkeit und Entscheidungsfreude, sehr hohe Einsatzbereitschaft, Leistungsfähigkeit und -bereitschaft, zeitliche Flexibilität oder IT-Kenntnisse. Kurzum, die berühmte „Eierlegende-Wollmilchsau“, das Rund-um-Paket zum möglichst kleinen Preis.

Wenn man meine zehn Fragen sorgfältig durchdenkt und die Aufgaben sowie Anforderungen entsprechend berücksichtigt, wird die Bedeutung des Social-Marketing und der Mitarbeiter in diesem Bereich deutlich. Daraus resultieren dringend notwendige Veränderungen in Unternehmen, den Prozessen und Ressourcen für die Weichenstellungen einer besseren Zukunft. Denn eines ist klar, Social Media geht nicht mehr weg. Der Einsatz künstlicher und sonstiger Intelligenz wird zunehmen und wir in einer immer stärker digitalisierten Welt leben und arbeiten werden.

Was müssen Unternehmen jetzt tun? Drei Dinge sind dringend und wichtig:

Erstens, müssen Unternehmen systematisch und smarte Ziele im Social Media und Marketing festlegen, diese in Beziehung setzen und klar kommunizieren.

Zweitens sind Schnittstellen neu und präzise zu definieren; wer wie kommuniziert und welche Aufgaben übernimmt.

Und drittens brauchen Social Media Manager deutlich mehr internen Support und Ressourcen – denn erfolgreiches Marketing ist nicht kostenlos, sondern im ungünstigsten Fall – wie so oft – einfach nur umsonst.

Die Qualifikationen, Erfahrungen und Kompetenzen, die im professionellen Social-Media-Marketing erforderlich sind, sind meines Erachtens nach dieselben, die eine leitende Funktion im Marketing benötigt. Der Schlüssel dazu ist aus meiner Sicht die persönliche und berufliche Weiterentwicklung.

Img of Rüdiger Frankenberger

Fachautor, Speaker, Berater für strategisches Marketing, Kommu­nikation und digitales Marketing, Dozent und Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen.