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Markenkommunikation via CDP

Wie sich die CDP zur datenschutzkonformen Drehscheibe für holistische Kundenprofile wandelt.
Jörn Bittner | 30.11.2023
Personalisierte Newsletter und Artikelangebote beeinflussen das Kaufverhalten © ProCampaign
 

Eine flexible, durchdachte und sichere Omnichannel-Strategie für Marken: Die kann es nur geben, wenn Marketing- und IT-Verantwortliche als Dreamteam auftreten. Sie müssen auf eine gemeinsame Reise gehen, an deren Ziel alle solitären Datensilos und Satelliten mit Kunden- und Transaktionsdaten auf der Strecke geblieben und in eine Single Source of Truth übergegangen sind. Dieser Beitrag ist eine Wegbeschreibung.

Dynamische Märkte wie der Handel mit Konsumgütern brauchen flexible Prozesse und agile Systemintegrationen. Schließlich müssen Markenhersteller ihren Kund*innen kanalübergreifend an jedem Touchpoint, ob stationär, im eigenen Shop und via Social Commerce zu jeder Zeit einheitlich  begegnen. Die Customer Journey ist heute schwer vorherzusagen und hyperpersonalisierte Omnichannel-Ansprache wird in Marketingkreisen als heiliger Gral gehandelt. Wie können eine auf diese Ansprüche ausgerichtete Marketingautomation und passende IT-Infrastruktur aussehen?

Meine Antwort: Unternehmen brauchen eine digitalisierte, datenschutzkonforme und weitestgehend automatisierte Markenkommunikation, die eine wachsende Menge an eigenen Kundendaten managt, das Optimum an Insights aus ihnen zieht und Kund*innen personalisierte Angebote unterbreitet. Kurzum, sie  brauchen eine sichere Customer Data Plattform ohne externe Satelliten.  

Doch klassische und oft über Jahrzehnte gewachsene IT-Systeme sehen Stand heute anders aus und weisen oft Makel auf: die Schnittstellen der Applikationen und Anwendungen sind durch fehlende APIs nicht webfähig  beziehungsweise können viele Anwendungsfälle nicht aktiv unterstützen. Datenformate und -modelle sind nicht mit aktuellen Applikationen kompatibel. Damit steht die aktive Gestaltung einer zukunftstragenden Kommunikation mit Konsumierenden vor großen Herausforderungen.

Eine zentrale Herausforderung in diesem Kontext ist das Thema Einwilligungserklärung. Schließlich beginnt jede Customer Journey mit einer rechtskonformen Einverständniserklärung der Adressaten.  Nur mit ihr bewegen sich Marketingverantwortliche auf sicherem Terrain. Ohne eine DSGVO-konforme Einwilligung dürfen keine Daten gespeichert, keine Adressaten angesprochen werden.

Die IT-Struktur ist hier ein großer Hebel, der Anforderung DSGVO-konformer Marketingautomation gerecht zu werden. Im Folgenden skizziert dieser Beitrag ein Szenario, in dem sich Datensilos auflösen und schlussendlich alle Datenschutz-Funktionalitäten und Einwilligungstexte in die zentrale Customer Data Plattform integriert sind. Ein angenehmer Effekt dabei: Je weniger unterschiedliche Tools und Systeme, desto größer auch die Übersicht über die Einhaltung aktueller Datenschutzverordnungen und EU-Regulierungsauflagen.              

Die IT stellt also die Basis für die Umsetzung neuer Marketingkampagnen und Anwendungsfälle bereit. Dabei gehen Markenhersteller mit der Einführung eines zentrierten API-Layer für kundenfokussierte Szenarien schon einmal einen ersten Schritt auf dieser Reise. Oft genug zeigt sich schon zu Beginn die Realität, dass Systeme nicht den Anforderungen gewachsen sind und auch gar nicht in Echtzeit mit Anwendungen im selben Rechenzentrum kommunizieren können.

Transparent werden 

Um diese Realität abzubilden, gilt es zunächst defragmentierte Systeme und Datensilos zu identifizieren.  Alle am Prozess Beteiligten müssen erkennen, in welchen Systemen sich Kundenstammdaten, Einwilligungserklärungen, Kauf- und Transaktionsdaten, Artikeldaten und eventuell Kundenprogramm-Stati befinden. Existieren  Kundenstamm- und Transaktions-Daten in diversen Systemen und Applikationen, ist das besonders für kundenzentrierte Echtzeit-Szenarien ein Stolperstein. Dieser Makel bedeutet tägliche manuelle Im- und Exporte im CSV Format von Target Groups und Segmenten, über das Handling von Teilnahme- und Teilnehmerdaten, bis zu Kauftransaktionen, Tag ein und Tag aus.

Maßnahmen- und Aktionspaket schnüren

Herrscht Klarheit, welche Anwendungen und Systeme ins Dialogmarketing involviert sind, sollten sich Beteiligte im nächsten Schritt über die Strategie und das Maßnahmenset verständigen. Welche Gewichtung und Ausrichtung soll der Newsletter haben? Wollen wir mit After Sales Surveys arbeiten? Wie stark personalisiert gehen monatliche Artikelangebote raus und installieren wir Loyalty-Maßnahmen? Coupons beispielsweise sind ein adäquates Instrument, das Kaufverhalten positiv zu beeinflussen. Die Coupons müssen aber auch auf allen Kanälen im Web und stationär POS einlösbar sein. Spielt hier zum Beispiel das Kassensystem nicht mit, wird es schwierig mit dem Omnichannel-Kundenbindungsprogramm.

Daten sinnvoll lenken

Stehen Strategie und Maßnahmenset fest, entwickelt das Team aus IT und Marketing ein Datenmodell für die Anwendungsszenarien und definiert den Datenfluss. Das Datenmodell ist das Ergebnis der geforderten Use Cases, also Anwendungsfälle. Beteiligte müssen folgende Fragen beantworten: Welche Daten pro Use Case werden benötigt? Welche Datenquellen muss ich ihnen zuordnen? Den Antworten folgt das daraufhin konzipierte einheitliche Datenmodell für alle Anwendungsfälle im Marketing.

Zusammenführen, was zusammen gehört

Alle über die Use Cases gesammelten Consumer-Informationen müssen dem Marketing anschließend zentral auf einer Customer Data Plattform zur Verfügung stehen. Erst dann können sinnvoll und in Echtzeit Segmentierungen, Customer Journey und zuletzt sogar 1:1 Direct-to-Consumer Kampagnen ausgesteuert werden.

Dafür muss die IT alle beteiligten Systeme über Schnittstellen zusammenführen und dabei alle Technologiestandards und Datenformate berücksichtigen. IT-Verantwortliche müssen sich damit auseinandersetzen, ob die verschiedenen bislang genutzten Anwendungen und Systeme über einen Schnittstellen-Standard verfügen und Echtzeit-Schnittstellen genutzt werden können. In diesem Zuge etabliert sie API-Layer und eine ESB-Integration.

Die Integration von Marketing- und Service-Cloud-Lösungen in die bestehende IT-Systemarchitektur ist wichtig, um Daten aus nicht webfähigen Bestandsystemen ganz einfach über Hub-Funktionalitäten prozess- und damit zukunftsfähig gemacht. Durch diese Vorarbeiten schafft die IT-Abteilung eine „Single Source of Truth“. Datenquellen werden angebunden und alle notwendigen Systemdaten des einheitlichen Datenmodells in eine Customer Data Plattform überführt.  

Marketingkampagnen mit Kundenbindungsfokus und Anspruch auf Hyperpersonalisierung haben mit  dann eine zentrale CDP-Drehscheibe, die  Kundenprofile, Besucherverhalten, Social Media-Aktivitäten, E-Commerce und mehr in permanenter Interaktion verwaltet und anreichert. Wo alle aussagekräftigen First Party-Daten an einem Ort qualifiziert vorliegen, können auch zukünftig nicht an anderer Stelle Datensilos entstehen. Lead- und Consumer-Profile liegen zum Ende der Integrationsreise in einem Datenmodell auf einer zentralen Plattform inklusive aller Einwilligungstexte sauber ab.  Ab jetzt können auch Service Desk und Call Center auf sauberes und qualifiziertes Datenmaterial zugreifen.