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Das Double-Opt-In-Urteil des OLG München: Eine kafkaeske Situation

Nach Ansicht der Münchner Richter soll bereits eine Bestätigungs-E-Mail im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens eine unverlangte Werbe-E-Mail sein.
Mapp | 28.11.2012
Von Christian Schmoll, General Legal Counsel. eCircle GmbH

Allen Unkenrufen zum Trotz ist das E-Mail-Marketing mit dem Inkrafttreten der BDSG-Novelle Ende August diesen Jahres nicht dahingeschieden, sondern konnte auch den Herbst 2012 in bester Gesundheit genießen. Doch dann kam das Oberlandesgericht München mit seinem Urteil zum Double-Opt-In-Verfahren vom 27.09.2012, das letzte Woche veröffentlich wurde. Bereits die Bestätigungs-E-Mail im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens soll nach Ansicht der Münchner Richter eine unverlangte Werbe-E-Mail sein. Die Bestätigungs-E-Mail, die gerade der Vermeidung von Spam dient, soll damit jetzt also selber Spam sein.
Wie immer sollte man aber auch hier das Urteil im Detail betrachten, bevor man in hektischen Aktionismus verfällt und den kompletten E-Mail-Verteiler löscht.


Das Double-Opt-In-Verfahren macht die Einwilligung vor Gericht beweisbar

Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, das Double-Opt-In-Verfahren zu nutzen. Sollte der Adressat einer Werbe-E-Mail allerdings bestreiten, in die Zusendung eingewilligt zu haben, muss der Versender die Einwilligung des Adressaten beweisen können. Und er muss beweisen können, dass tatsächlich der Inhaber der angeschriebenen E-Mail-Adresse eingewilligt hat und nicht irgendein Dritter.
Um vor Gericht die Einwilligung in die Zusendung einer Werbe-E-Mail beweisen zu können, muss man ein sauber dokumentiertes Double-Opt-In-Verfahren verwenden. Die Bestätigungs-E-Mail ist aber eigentlich ein nicht zwingend erforderlicher Teil eines Einwilligungsprozesses, sondern dient lediglich dazu, die Einwilligung zu verifizieren. Andernfalls wäre die Verwendung des Confirmed-Opt-In-Verfahrens per se rechtswidrig – was nicht der Fall ist.

Ist die Bestätigungs-E-Mail bereits Werbung?

Der Knackpunkt des Münchener Urteils ist die Frage, ob bereits die Bestätigungs-E-Mail als Werbung per E-Mail anzusehen ist. Nach Ansicht der Münchener Richter ist dem so. Und damit braucht man bereits für die Bestätigungs-E-Mail, die eine Einwilligung beweisbar machen soll, eine Einwilligung. Womit man sich ein bisschen so fühlt wie in einem Roman von Kafka: „Sie wollen eine Einwilligung einholen? Dann beweisen Sie doch aber bitte vorher erst mal, dass Sie bereits eine Einwilligung haben…“ Das kann ja nicht sein und die Lösung dieser kafkaesken Situation liegt in der Frage, ob es sich bei der Bestätigungs-E-Mail wahrhaftig um Werbung handelt oder ob diese nicht doch eher eine Transaktions-E-Mail darstellt. Gesetzgebung und Rechtsprechung sind bei der Frage, was als Werbung anzusehen ist, wenig zimperlich. Jede Äußerung, die irgendwie unmittelbar oder mittelbar dazu dient, Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen, fällt unter den Begriff der „Werbung“.

Es geht aber zu weit, jedwede Kommunikation eines Unternehmens pauschal als „Werbung“ einzustufen. Unternehmen kommunizieren mit ihren Kunden auch zur Erfüllung eines Vertragsverhältnisses, indem sie beispielsweise Auftragsbestätigungen per E-Mail versenden. Für diese Form der Kommunikation fordert niemand ernsthaft eine ausdrückliche und eindeutige Einwilligung des Adressaten. Solche so genannten Transaktions-E-Mails sind als Teil der Erfüllung des Vertragsverhältnisses zwischen einem Unternehmen und seinem Kunden rechtmäßig. Die Bestätigungs-E-Mail selbst fördert dabei nicht den Absatz von Waren und Dienstleistungen. Eher im Gegenteil: Das Double-Opt-In-Verfahren kostet Adressaten bzw. Conversions. Erfahrungsgemäß bestätigt durchschnittlich ein Viertel der Adressaten einer Bestätigungs-E-Mail ihre Registrierung für den E-Mail-Newsletter nicht.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die Zusendung einer Bestätigungs-E-Mail bedarf keiner vorherigen Einwilligung. Dies ist zum einen logisch nicht möglich, zum anderen ist die Bestätigungs-E-Mail auch nicht als Werbung zu qualifizieren.

Das gilt natürlich nur, wenn die Bestätigungs-E-Mail selbst werbefrei ist. Sie darf neben der Aufforderung zur Bestätigung der Einwilligung und dem Wortlaut der Einwilligung keine zusätzlichen werblichen Inhalte enthalten.

Was ist nach dem Urteil des OLG München zu tun?


Nun ist das Urteil des OLG München natürlich offiziell. Ob es durch eine Revision beim Bundesgerichtshof aus der Welt geschafft wird, kann man noch nicht ganz sicher sagen. Also muss man erst mal mit diesem Urteil leben. Das ist auch kein großes Problem, wenn man folgende Punkte bedenkt: Gerichte schreiben keine Gesetze. Ein Gerichtsurteil stellt immer nur die rechtliche Wertung eines konkreten Sachverhalts dar. Nun ist das OLG München aber eines von 24 Oberlandesgerichten in Deutschland. Ein solches Urteil vermag durchaus eine gewisse leitende Wirkung für andere Gerichte haben, es ist damit aber nicht gesagt, dass andere Gerichte nicht anders entscheiden.

Viel wichtiger aber: Ein Urteil bezieht sich immer auf einen konkreten Sachverhalt. Und gerade in dem rechtlich noch wenig gefestigten Bereich des Online Marketings können kleinste Nuancen des Sachverhalts oft den Ausschlag geben. In dem Urteil des OLG München wird der Sachverhalt nur recht dürftig wiedergegeben. Es wird auch nicht thematisiert, ob der Adressat der Bestätigungs-E-Mail sich tatsächlich auf der Internetseite der Beklagten für den E-Mail-Newsletter registriert hat oder nicht. Urteile sind zudem natürlich auch von den Parteien und deren Prozessführung und Äußerungen vor Gericht abhängig. Mit anderen Worten: Mit dem falschen Anwalt kann man auch einen eigentlich sicheren Prozess verlieren. Vorliegend deutet das Urteil an, dass die Beklagte, also die Versenderin der Bestätigungs-E-Mail, nicht immer optimal anwaltlich vertreten war.

Dafür spricht auch, dass sich das Gericht nicht mit dem Urteil „Double-Opt-In-Verfahren“ des BGH vom 10.02.2011 auseinander gesetzt hat, obwohl dieses Urteil nicht nur vom Titel her sondern auch inhaltlich durchaus passend gewesen wäre. Der BGH stellt in diesem Urteil eindeutig fest, dass das Double-Opt-In-Verfahren grundsätzlich geeignet ist, eine Einwilligung nachzuweisen - nur nicht als Einwilligung in Telefonwerbung, womit sich das Urteil eigentlich befasst. Des Weiteren setzt sich das Gericht zwar mit einem weiteren einschlägigen BGH-Urteil auseinander (FC Troschenreuth), missversteht dieses aber grundsätzlich, indem es verkennt, dass es nicht nur Absatzwerbung, sondern auch Nachfragewerbung gibt und dass die in dem Urteil streitgegenständliche E-Mail sehr wohl Werbung, nämlich Nachfragewerbung, enthielt.

Insgesamt stellt das Urteil also keinen Höhepunkt der Jurisprudenz dar. Es besteht daher berechtigte Hoffnung, dass ein ähnlich gelagerter Sachverhalt zukünftig anders entschieden werden wird.

Fazit

Das Double-Opt-In-Verfahren stellt nach wie vor den empfehlenswerten Königsweg im E-Mail-Marketing dar. Das Urteil verdeutlicht dabei, wie wichtig es ist, dass Double-Opt-In-Verfahren sauber zu dokumentieren, um im Ernstfall vor Gericht alle erforderlichen Beweise vorlegen zu können. Und das Urteil macht erneut deutlich, wie wichtig es ist, die Bestätigungs-E-Mail werbefrei zu versenden.