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„Deutschland ist ein digitales Schwellenland“

Deutschlands Verwaltung steht auf Platz 20 im Digitalisierungsindex der europäischen Kommission. BVDW fordert schnelles Umdenken.
BVDW | 11.05.2017
Platz 20, gleichauf mit Rumänien und Griechenland – im Digitalisierungsindex der europäischen Kommission fällt Deutschlands digitale Verwaltung weit zurück. „Fehlende digitale Denkmuster haben dafür gesorgt, dass Deutschland im längst angebrochenen Informationszeitalter ein digitales Schwellenland ist. Das zeigt sich auch im öffentlichen Bereich. Dort setzt man digitale Transformation noch immer mit der Elektrifizierung analoger, bereits bestehender Prozesse gleich“, sagt Malte Hasse, stellvertretender Vorsitzender des Fachkreises Full-Service-Digitalagenturen im BVDW. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. hat mit seinem Fachkreis 13 Herausforderungen für eine erfolgreiche digitale Transformation des Verwaltungsapparates definiert.

Wer glaubt, er müsse nur Formulare vorausgefüllt auf dem heimischen Computer zur Verfügung stellen und käme so in der Lebenswelt des digital erfahrenen Bürgers an, der irrt, so die Hauptkritik des Fachkreises Full-Service-Digitalagenturen. „Was die Verwaltung braucht, sind der Wille und der Mut zu disruptiven Lösungen, also in letzter Konsequenz sogar soweit zu denken, dass man sich mit Hilfe neuer, digitaler Lösungen selber abschaffen könnte“, so Malte Hasse, stellvertretender Vorsitzender des Fachkreises im BVDW.

Hier besteht an mehreren Punkten Handlungsbedarf für die öffentliche Hand. Einerseits müsse ein Umdenken auf Führungsebene stattfinden. Der Prozess der Transformation müsse aber auch von den Mitarbeitern des Verwaltungsapparates mitgetragen werden. Diese zeigten sich in der Vergangenheit mehr als Bremser denn als Botschafter der neuen Chancen und sind einer der Gründe, aus denen Bürger die bereits bestehenden Dienste nicht nutzen. Nicht zuletzt müsse die Verwaltung daher auch im bereits entfachten War for Talents in der Digitalbranche aktiv vorgehen. Malte Hasse: „Berufliche Perspektive, Arbeitsumfeld, Anreize – es fehlen Visionen, wie man junges Know-how mit digitaler DNA für sich gewinnt und bindet. Der Staat ist alles andere als ein attraktiver Arbeitgeber für digital Natives.“

Für den Bürger wirken sich diese Mankos in zweierlei Weise aus: Zum einen beobachtet der Fachkreis Full-Service-Digitalagenturen eine eklatante Kluft zwischen privatwirtschaftlichen und öffentlichen Angeboten, so Malte Hasse. „Etablierte Internetriesen einserseits und viele Startups andererseits zeigen regelmäßig, wie einfach Onlinelösungen sein können, wenn Anbieter sie aus Nutzerperspektive denken und entwickeln. DAX-Unternehmen haben in Think Tanks und Inkubatoren innovatives und disruptive Potenzial gebündelt und dessen Entfaltung gefördert. Von dieser Vorstellung ist die öffentliche Hand noch Lichtjahre entfernt.“ Zugleich messe der Bürger sie aber an dem ihm vertrauten Komfortniveau.

Zum anderen kritisiert der Fachkreis Full-Service-Digitalagenturen eine deutlich zu undifferenzierte Datenpolitik öffentlicher Einrichtungen: „Der Schutz von Daten ist immens wichtig, besonders, wenn es um kritische, persönliche Daten geht. Die Verwaltung beschränkt sich in ihren Bemühungen allerdings nur auf die Vermeidung von Datenmissbrauch und vernachlässigt zahlreiche Möglichkeiten, wie sich Daten bürgersouverän und sinnvoll einsetzen lassen. Hier bleibt großes Potential ungenutzt – zum Beispiel in Planungs- und Vergabeprozessen für Kitaplätze oder Lehrerstelle. So könnte eine zielgerichtete Datenauswertung helfen, Belastungsspitzen frühzeitig zu erkennen und Engpässe zu kompensieren.“

Der BVDW stellt die 13 Thesen in einem Thesenpapier vor (PDF):
http://www.bvdw.org/presseserver/Publikationen/BVDW_13_Thesen_zur_digitalen_Transformation_der_Verwaltung.pdf