Behavioural E-Mail-Marketing
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing Band 2:
http://TopOnlineExperten.de
Siebzig Prozent Öffnungsrate, fünfzig Prozent Klickrate, 12,8 Prozent Konversionsrate, 750 Prozent Return-on-Investment (ROI). Dieses Ergebnis erzielte der britische Versandhändler Sainsbury’s Bank in seiner Geschäftssparte Haustierversicherungen mit einer einzigen, wirksamen Marketingmaßnahme: Behavioural E-Mail.
Kein anderes Marketinginstrument erzielt so hervorragende Effizienzwerte und kann dies auch noch durch unbestechliche Messungen beweisen. Der Verzahnung von Webanalyse und E-Mail-Marketing gehört die Zukunft im E-Commerce, da nur auf diesem Wege individuelle Relevanz in der umsatznahen Kundenkommunikation hergestellt werden kann. Es lohnt sich also, Behavioural E-Mail etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Es gibt Untersuchungen, die behaupten, Unternehmen müssten im Durchschnitt siebenmal Kontakt zu einem Kunden herstellen, bevor dieser einen Kauf tätigt. Ob die Zahl stimmt oder nicht, sei dahingestellt. Sicher ist aber, dass bedeutende Summen für Suchmaschinen-Marketing, Display-Kampagnen und andere Werbemaßnahmen ausgegeben werden, um User auf bestimmte E-Commerce-Websites zu lotsen. Bei durchschnittlichen Konversionsraten zwischen zwei und drei Prozent verpufft ein großer Teil des Werbebudgets.
Die Tatsache, dass, je nach Branche und Produkt, ein bis zwei Drittel aller Kunden ihren Warenkorb nicht bis zur Kasse tragen, sondern den Kaufprozess abbrechen, dramatisiert die Lage zusätzlich. Doch genau an dieser Stelle liegt das größte Potenzial zur Effizienzsteigerung: Es gilt mehr Besucher zu Kunden zu konvertieren. Je höher die Konversionsrate eines Onlineshops ausfällt, desto höher liegt auch der ROI aller Marketing-Maßnahmen.
Die angestrebte Effizienzsteigerung hat zwei Komponenten. Die Kosten müssen sinken und die Wirkung der Maßnahmen muss steigen. Behavioural E-Mail kann beides. Behavioural E-Mail ist die nahtlose Integration von Webanalyse und E-Mail-Marketing. Alle Informationen über das Onlineverhalten eines Users fließen in eine Datenbank. Das Programm kombiniert die Daten aus der Interaktion mit E-Mails und Websites miteinander, fügt – sofern vorhanden – Offlineinformationen hinzu und generiert im Anschluss automatisiert E-Mails mit individuell relevanten Inhalten und Angeboten.
Diese Technologie spart Geld, da sie automatisch arbeitet. Die gleiche Leistung händisch mit hohem Personalaufwand durchführen zu lassen, ist keine wirtschaftliche Alternative. Außerdem erhöht sich die Wirkung aller Marketing-Maßnahmen, weil mit Hilfe von Behavioural E-Mail mehr Aufmerksamkeit in Umsatz verwandelt wird. Oder ganz plakativ: Hohe Klickraten kosten nur, wenn sie nicht zu Verkäufen führen.
Das nahe liegende Einsatzgebiet von Behavioural E-Mail ist die Kommunikation mit Warenkorbabbrechern. Sie sind der Alptraum jedes E-Commerce-Anbieters: Er hat viel Geld in Werbung gesteckt, um User auf die Website zu locken. Sie schauen sich um, füllen ihre Warenkörbe und – brechen den Kaufvorgang ab. Studien belegen, dass zwischen vierzig und achtzig Prozent der Shopbesucher ihren Warenkorb des Öfteren nicht bis zur Kasse tragen.
Natürlich gibt es User, denen während des Bestellprozesses einfällt, dass sie diese Schuhe, den Flug nach London oder die Unfallversicherung doch nicht brauchen oder bezahlen können. Aber sie sind die Ausnahme. Wer ein Bedürfnis mental konkretisiert, aktiv nach einem Produkt recherchiert und sich dann sogar registriert, signalisiert damit eindeutig Kaufinteresse. Das, was ihn am Kauf hindert, ist kein zu schwacher Wunsch. Warenkorbabbrüche haben meistens mit Unterbrechungen von außen, Usability-Problemen, unklarer Kommunikation oder fehlenden Anreizen zu tun.
Warenkorbabbruch-E-Mails allein führen schon zur signifikanten Verbesserung der Konversion. Wenn man dank der Webanalyse-Daten darüber hinaus in der Lage ist, die E-Mail inhaltlich zu individualisieren, lässt sich der Erfolg noch steigern. Denn Behavioural E-Mail kann mehr als nur Warenkorbabbrecher wieder zu aktivieren.
Beispielsweise könnte das Programm im gleichen Zuge ein weiteres Produkt mit Nachlass anbieten, für das sich der Empfänger kürzlich interessiert und das er sich auf der Website angeschaut hat („Kaufen Sie jetzt Produkt X und erhalten Sie Produkt Y dazu mit 15 Prozent Rabatt!“). Oder es könnte aus der Kaufhistorie ablesen, dass sich ein Kunde in jedem Jahr nach Weihnachten neue Joggingschuhe und Funktionskleidung bestellt, um die neuen Pfunde im neuen Jahr abzutrainieren. Was läge näher, als diesem Kunden mit attraktiven Angeboten entgegen zu kommen?
Behavioural-Strategien
Behavioural-Strategien basieren auf der kompletten Interaktion mit einem Kunden oder Interessenten – nicht nur auf dem letzten Ereignis. Das Wissen um die Interaktions- und Kaufhistorie SOWIE das aktuelle Verhalten erlaubt E-Mail-Kommunikation, die genau zur aktuellen Kundenlebenszyklus-Phase passt.
Dieser Ansatz ist nicht neu. Im Kern geht es um die genaue Erfassung des Kundenverhaltens, um daraufhin möglichst feine Kundensegmente zu bilden. Diese Gruppen weisen vergleichbares Verhalten auf und werden daraufhin mit ähnlichen Botschaften zu aktivieren versucht. Das klassische Direktmarketing setzt bereits seit vielen Jahrzehnten auf diese bewährte Segmentierungsmethode: recency, frequency, monetary value (RFM). Kunden können anhand dieser drei Faktoren in ihrer Bedeutung für den Umsatz unterschieden werden, sofern man die Annahme gelten lässt, dass ihre zukünftigen Kaufaktivitäten aus Daten über ihre vergangenen abgeleitet und vorhergesagt werden können.
Wer vor Kurzem bestellt hat, kommt schneller wieder (recency), wer häufiger bestellt, kauft eher wieder (frequency), wer mehr Geld ausgibt, tut dies auch weiterhin (monetary value). Das Pareto-Prinzip galt früher, es gilt auch heute noch: zwanzig Prozent der Kunden bringen achtzig Prozent des Umsatzes.
Im Offline-Direktmarketing wird nach wie vor nach RFM segmentiert, um engagierte Konsumenten von Karteileichen zu trennen. Erstere werden effizient angesprochen, letztere aus den Verteilern entfernt. Diese Segmentierung spart Geld gegenüber dem uniformen Massenversand.
Das im Vergleich zur postalischen Variante günstigere E-Mail-Marketing hat jahrelang die Vorzüge der Segmentierung beiseite gedrängt: spray-and-pray hieß die Devise – teils heute noch. Die Tausender-Kontakt-Preise befinden sich im Sinkflug. Anbieter aus aller Welt drängen mit Kampfpreisen auf den deutschen Markt und erhöhen damit den Anreiz für ungezielte Massenversendungen.
Aber dieser Weg führt in eine Sackgasse. Nicht nur für E-Mail-Service-Provider (ESPs), sondern auch für Werbetreibende und die Empfänger selbst. Die Margen schrumpfen, die Öffnungsraten der E-Mails aufgrund fehlender individueller Relevanz ebenfalls. Google, GMX, Yahoo! und Co. registrieren sehr genau, ob ihre Nutzer E-Mails öffnen. Versender, deren E-Mails stets ungelesen gelöscht werden, landen zunehmend auf Blacklists. Ihre E-Mails landen aufgrund nicht messbaren Engagements der User nicht mehr in den Posteingängen.
Der einzige Weg zu höherer Zustellbarkeit und mehr Engagement führt über individuelle Relevanz. Relevanz sorgt für Öffnungen und Aktivität. Da sich die Relevanz am Verhalten des Users ablesen lässt, sind verhaltensbezogene Daten der Schlüssel zum Erfolg. Der Umgang mit der E-Mail und die anschließenden Bewegungen auf der Website werden bereits getrackt. Aber: Nur ein Bruchteil der Website-Besucher gelangt über E-Mails zur Website. Um das ganze Potenzial des Website-Traffics nutzen zu können, muss das Verhalten aller Nutzer gemessen werden, egal, woher sie kommen. Verfügt ein Anbieter über diese verhaltensbezogenen Informationen und kann sie mit persönlichen Daten verbinden, gewinnt er die Chance, Interessenten mit individuell relevanten Botschaften zu aktivieren. Im Konzept Behavioural E-Mail ist diese Integration von E-Mail-Marketing und Webanalyse bereits realisiert.
Konsequent umgesetzt, führt der Behavioural-Ansatz zu einer massiven Ausdifferenzierung der E-Mails, die in der Kundenkommunikation zum Einsatz kommen. So viele unterschiedliche Verhaltensmöglichkeiten es gibt, so viele spezifische Reaktionsoptionen sind notwendig, um individuelle Relevanz in der EMail-Kommunikation sicherzustellen. Einige Hundert verschiedene Trigger-E-Mails in Behavioural Programmen sind keine Seltenheit. Dieses komplexe System von Segmenten handzuhaben, wäre ohne automatisierte Behavioural E-Mail-Programme unmöglich.
Effizienz durch automatisierte Prozesse und individuelle Relevanz der Botschaften – das ist das Konzept von Behavioural E-Mail. Seine Leistungsfähigkeit steigt mit der konsequenten Integration aller wichtigen Datenquellen – Umgang mit E-Mails, Surfverhalten und Kaufverhalten – und ihrer Bewertung nach dem RFM-Prinzip. Je besser E-Commerce-Betreiber die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden einschätzen können, desto präziser können sie die E-Mail-Kommunikation gestalten. Auf Basis der einheitlichen, individuellen Kundenansicht (single customer view) wird eine automatische, umfassende und datenbankgestützte E-RFM-Strategie möglich.
Beispiel Sainsbury’s Bank
Einige britische Unternehmen sind genau in diese Richtung unterwegs – darunter Sainsbury’s Bank. Sainsbury’s Bank ist ein Joint Venture des drittgrößten britischen Handelsunternehmens J. Sainsbury und der Royal Bank of Scotland. Über die Plattform www.sainsburysbank.co.uk vertreibt Sainsbury’s Bank eine breite Palette von Finanzprodukten, darunter Kredite, Kreditkarten, Sparbriefe und Versicherungen.
Wie so viele E-Commerce-Unternehmen hatte auch Sainsbury’s Bank mit hohen Abbrecherquoten zu kämpfen. Die Konversion für alle Produkte der Sainsbury’s Bank sollte optimiert werden. Daraufhin wurde eine einheitliche Datensicht für diejenigen Kunden entwickelt, die bereits auf den Webseiten der Haustier- und Kfz-Versicherungsprodukte aktiv gewesen waren. Auf Basis des gemessenen Userverhaltens wurden getriggerte E-Mail-Kampagnen in diesen Bereichen eingerichtet. Die Analyse der Ergebnisse lieferte Benchmarks für die Performance zukünftiger Kampagnen und erlaubte Ableitungen für weitere Produktkategorien.
Im Anschluss wurden die bestehenden Prozesse untersucht, um die effektivsten Touchpoints entlang aller Kundenpfade auf der Website zu identifizieren. Die Erkenntnisse dienten der optimalen Abstimmung spezifischer Behavioural E-Mails, die User an gespeicherte, aber nicht wahrgenommene Angebote sowie Warenkorbabbrüche erinnerten und aktivierten. Da sich die E-Mails inhaltlich auf erfasste Aktivitäten in bestimmten Bereichen der Website bezogen und dazu passende und daher individuell relevante Botschaften enthielten, ließen sich zahlreiche Interessenten zum Wiederbesuch motivieren.
Im Laufe des Projektes entwickelte die Sainsbury’s Bank eine ausdifferenzierte EMail-Strategie, die Konversion, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung merklich verbesserte. Durch spezifische Segmentierungsstrategien gewann Sainsbury’s Bank ein tiefes Verständnis für das Verhalten, die Präferenzen und die Einstellungen ihrer Kunden. Anhand dieser Informationen konnte eine Datenbank mit individuellen Kundenprofilen aufgesetzt werden, die Website-Besuche und das Nutzungsverhalten genau erfasste. Die datengetriebene Kommunikation erhöhte sowohl die Relevanz als auch den ROI jeder einzelnen E-Mail. Dank der einheitlichen, prozessübergreifenden Kundensicht konnte Sainsbury’s Bank zahlreiche Cross-Selling-Gelegenheiten nutzen und dadurch weitere Umsatzpotenziale erschließen.
Die konsequente Implementierung des Behavioural E-Mail-Programms verbesserte die Konversion massiv und erreichte einen ROI aller Aktivitäten im Bereich Haustierversicherungen von 750 Prozent. Zu den Erfolgen zählen Öffnungsraten von siebzig Prozent in einer „Angebot wiederherstellen”-Kampagne und eine allgemeine Konversion von 12,8 Prozent über alle Kampagnen hinweg. Die durchschnittliche Klickrate überschritt fünfzig Prozent. Die Profitabilität individueller Kundenprofile als Basis getriggerter Behavioural E-Mails war eindeutig bewiesen.
Relevanz war und ist das Zauberwort des Marketings. Für das E-Mail-Marketing kommt hinzu, dass es künftig ohne Relevanz gar nicht mehr betrieben werden kann. Die Notwendigkeit individualisierter und automatisierter E-Mail-Kommunikation ist nicht allein eine ökonomische Frage, sie wird zur existenziellen. Wer früher auf datenbankgetriebenes Remarketing per E-Mail setzt, dem winken nicht nur bessere Konversionsraten und Zusatzumsätze, sondern, wichtiger noch, Vorsprung vor den Wettbewerbern. Behavioural E-Mail ist eine Investition in die Zukunft.
Literatur
Whitepaper von RedEye: Was ist Behavioural E-Mail-Marketing und wie kann es erfolgreich eingesetzt werden? – http://www.redeye.de/lernzentrum/white-paper-bibliothek.
Webinar mit Mark Patron zu Behavioural E-Mail-Marketing auf http://www.e-mailmarketing-forum.de/.
http://TopOnlineExperten.de
Siebzig Prozent Öffnungsrate, fünfzig Prozent Klickrate, 12,8 Prozent Konversionsrate, 750 Prozent Return-on-Investment (ROI). Dieses Ergebnis erzielte der britische Versandhändler Sainsbury’s Bank in seiner Geschäftssparte Haustierversicherungen mit einer einzigen, wirksamen Marketingmaßnahme: Behavioural E-Mail.
Kein anderes Marketinginstrument erzielt so hervorragende Effizienzwerte und kann dies auch noch durch unbestechliche Messungen beweisen. Der Verzahnung von Webanalyse und E-Mail-Marketing gehört die Zukunft im E-Commerce, da nur auf diesem Wege individuelle Relevanz in der umsatznahen Kundenkommunikation hergestellt werden kann. Es lohnt sich also, Behavioural E-Mail etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Es gibt Untersuchungen, die behaupten, Unternehmen müssten im Durchschnitt siebenmal Kontakt zu einem Kunden herstellen, bevor dieser einen Kauf tätigt. Ob die Zahl stimmt oder nicht, sei dahingestellt. Sicher ist aber, dass bedeutende Summen für Suchmaschinen-Marketing, Display-Kampagnen und andere Werbemaßnahmen ausgegeben werden, um User auf bestimmte E-Commerce-Websites zu lotsen. Bei durchschnittlichen Konversionsraten zwischen zwei und drei Prozent verpufft ein großer Teil des Werbebudgets.
Die Tatsache, dass, je nach Branche und Produkt, ein bis zwei Drittel aller Kunden ihren Warenkorb nicht bis zur Kasse tragen, sondern den Kaufprozess abbrechen, dramatisiert die Lage zusätzlich. Doch genau an dieser Stelle liegt das größte Potenzial zur Effizienzsteigerung: Es gilt mehr Besucher zu Kunden zu konvertieren. Je höher die Konversionsrate eines Onlineshops ausfällt, desto höher liegt auch der ROI aller Marketing-Maßnahmen.
Die angestrebte Effizienzsteigerung hat zwei Komponenten. Die Kosten müssen sinken und die Wirkung der Maßnahmen muss steigen. Behavioural E-Mail kann beides. Behavioural E-Mail ist die nahtlose Integration von Webanalyse und E-Mail-Marketing. Alle Informationen über das Onlineverhalten eines Users fließen in eine Datenbank. Das Programm kombiniert die Daten aus der Interaktion mit E-Mails und Websites miteinander, fügt – sofern vorhanden – Offlineinformationen hinzu und generiert im Anschluss automatisiert E-Mails mit individuell relevanten Inhalten und Angeboten.
Diese Technologie spart Geld, da sie automatisch arbeitet. Die gleiche Leistung händisch mit hohem Personalaufwand durchführen zu lassen, ist keine wirtschaftliche Alternative. Außerdem erhöht sich die Wirkung aller Marketing-Maßnahmen, weil mit Hilfe von Behavioural E-Mail mehr Aufmerksamkeit in Umsatz verwandelt wird. Oder ganz plakativ: Hohe Klickraten kosten nur, wenn sie nicht zu Verkäufen führen.
Das nahe liegende Einsatzgebiet von Behavioural E-Mail ist die Kommunikation mit Warenkorbabbrechern. Sie sind der Alptraum jedes E-Commerce-Anbieters: Er hat viel Geld in Werbung gesteckt, um User auf die Website zu locken. Sie schauen sich um, füllen ihre Warenkörbe und – brechen den Kaufvorgang ab. Studien belegen, dass zwischen vierzig und achtzig Prozent der Shopbesucher ihren Warenkorb des Öfteren nicht bis zur Kasse tragen.
Natürlich gibt es User, denen während des Bestellprozesses einfällt, dass sie diese Schuhe, den Flug nach London oder die Unfallversicherung doch nicht brauchen oder bezahlen können. Aber sie sind die Ausnahme. Wer ein Bedürfnis mental konkretisiert, aktiv nach einem Produkt recherchiert und sich dann sogar registriert, signalisiert damit eindeutig Kaufinteresse. Das, was ihn am Kauf hindert, ist kein zu schwacher Wunsch. Warenkorbabbrüche haben meistens mit Unterbrechungen von außen, Usability-Problemen, unklarer Kommunikation oder fehlenden Anreizen zu tun.
Warenkorbabbruch-E-Mails allein führen schon zur signifikanten Verbesserung der Konversion. Wenn man dank der Webanalyse-Daten darüber hinaus in der Lage ist, die E-Mail inhaltlich zu individualisieren, lässt sich der Erfolg noch steigern. Denn Behavioural E-Mail kann mehr als nur Warenkorbabbrecher wieder zu aktivieren.
Beispielsweise könnte das Programm im gleichen Zuge ein weiteres Produkt mit Nachlass anbieten, für das sich der Empfänger kürzlich interessiert und das er sich auf der Website angeschaut hat („Kaufen Sie jetzt Produkt X und erhalten Sie Produkt Y dazu mit 15 Prozent Rabatt!“). Oder es könnte aus der Kaufhistorie ablesen, dass sich ein Kunde in jedem Jahr nach Weihnachten neue Joggingschuhe und Funktionskleidung bestellt, um die neuen Pfunde im neuen Jahr abzutrainieren. Was läge näher, als diesem Kunden mit attraktiven Angeboten entgegen zu kommen?
Behavioural-Strategien
Behavioural-Strategien basieren auf der kompletten Interaktion mit einem Kunden oder Interessenten – nicht nur auf dem letzten Ereignis. Das Wissen um die Interaktions- und Kaufhistorie SOWIE das aktuelle Verhalten erlaubt E-Mail-Kommunikation, die genau zur aktuellen Kundenlebenszyklus-Phase passt.
Dieser Ansatz ist nicht neu. Im Kern geht es um die genaue Erfassung des Kundenverhaltens, um daraufhin möglichst feine Kundensegmente zu bilden. Diese Gruppen weisen vergleichbares Verhalten auf und werden daraufhin mit ähnlichen Botschaften zu aktivieren versucht. Das klassische Direktmarketing setzt bereits seit vielen Jahrzehnten auf diese bewährte Segmentierungsmethode: recency, frequency, monetary value (RFM). Kunden können anhand dieser drei Faktoren in ihrer Bedeutung für den Umsatz unterschieden werden, sofern man die Annahme gelten lässt, dass ihre zukünftigen Kaufaktivitäten aus Daten über ihre vergangenen abgeleitet und vorhergesagt werden können.
Wer vor Kurzem bestellt hat, kommt schneller wieder (recency), wer häufiger bestellt, kauft eher wieder (frequency), wer mehr Geld ausgibt, tut dies auch weiterhin (monetary value). Das Pareto-Prinzip galt früher, es gilt auch heute noch: zwanzig Prozent der Kunden bringen achtzig Prozent des Umsatzes.
Im Offline-Direktmarketing wird nach wie vor nach RFM segmentiert, um engagierte Konsumenten von Karteileichen zu trennen. Erstere werden effizient angesprochen, letztere aus den Verteilern entfernt. Diese Segmentierung spart Geld gegenüber dem uniformen Massenversand.
Das im Vergleich zur postalischen Variante günstigere E-Mail-Marketing hat jahrelang die Vorzüge der Segmentierung beiseite gedrängt: spray-and-pray hieß die Devise – teils heute noch. Die Tausender-Kontakt-Preise befinden sich im Sinkflug. Anbieter aus aller Welt drängen mit Kampfpreisen auf den deutschen Markt und erhöhen damit den Anreiz für ungezielte Massenversendungen.
Aber dieser Weg führt in eine Sackgasse. Nicht nur für E-Mail-Service-Provider (ESPs), sondern auch für Werbetreibende und die Empfänger selbst. Die Margen schrumpfen, die Öffnungsraten der E-Mails aufgrund fehlender individueller Relevanz ebenfalls. Google, GMX, Yahoo! und Co. registrieren sehr genau, ob ihre Nutzer E-Mails öffnen. Versender, deren E-Mails stets ungelesen gelöscht werden, landen zunehmend auf Blacklists. Ihre E-Mails landen aufgrund nicht messbaren Engagements der User nicht mehr in den Posteingängen.
Der einzige Weg zu höherer Zustellbarkeit und mehr Engagement führt über individuelle Relevanz. Relevanz sorgt für Öffnungen und Aktivität. Da sich die Relevanz am Verhalten des Users ablesen lässt, sind verhaltensbezogene Daten der Schlüssel zum Erfolg. Der Umgang mit der E-Mail und die anschließenden Bewegungen auf der Website werden bereits getrackt. Aber: Nur ein Bruchteil der Website-Besucher gelangt über E-Mails zur Website. Um das ganze Potenzial des Website-Traffics nutzen zu können, muss das Verhalten aller Nutzer gemessen werden, egal, woher sie kommen. Verfügt ein Anbieter über diese verhaltensbezogenen Informationen und kann sie mit persönlichen Daten verbinden, gewinnt er die Chance, Interessenten mit individuell relevanten Botschaften zu aktivieren. Im Konzept Behavioural E-Mail ist diese Integration von E-Mail-Marketing und Webanalyse bereits realisiert.
Konsequent umgesetzt, führt der Behavioural-Ansatz zu einer massiven Ausdifferenzierung der E-Mails, die in der Kundenkommunikation zum Einsatz kommen. So viele unterschiedliche Verhaltensmöglichkeiten es gibt, so viele spezifische Reaktionsoptionen sind notwendig, um individuelle Relevanz in der EMail-Kommunikation sicherzustellen. Einige Hundert verschiedene Trigger-E-Mails in Behavioural Programmen sind keine Seltenheit. Dieses komplexe System von Segmenten handzuhaben, wäre ohne automatisierte Behavioural E-Mail-Programme unmöglich.
Effizienz durch automatisierte Prozesse und individuelle Relevanz der Botschaften – das ist das Konzept von Behavioural E-Mail. Seine Leistungsfähigkeit steigt mit der konsequenten Integration aller wichtigen Datenquellen – Umgang mit E-Mails, Surfverhalten und Kaufverhalten – und ihrer Bewertung nach dem RFM-Prinzip. Je besser E-Commerce-Betreiber die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden einschätzen können, desto präziser können sie die E-Mail-Kommunikation gestalten. Auf Basis der einheitlichen, individuellen Kundenansicht (single customer view) wird eine automatische, umfassende und datenbankgestützte E-RFM-Strategie möglich.
Beispiel Sainsbury’s Bank
Einige britische Unternehmen sind genau in diese Richtung unterwegs – darunter Sainsbury’s Bank. Sainsbury’s Bank ist ein Joint Venture des drittgrößten britischen Handelsunternehmens J. Sainsbury und der Royal Bank of Scotland. Über die Plattform www.sainsburysbank.co.uk vertreibt Sainsbury’s Bank eine breite Palette von Finanzprodukten, darunter Kredite, Kreditkarten, Sparbriefe und Versicherungen.
Wie so viele E-Commerce-Unternehmen hatte auch Sainsbury’s Bank mit hohen Abbrecherquoten zu kämpfen. Die Konversion für alle Produkte der Sainsbury’s Bank sollte optimiert werden. Daraufhin wurde eine einheitliche Datensicht für diejenigen Kunden entwickelt, die bereits auf den Webseiten der Haustier- und Kfz-Versicherungsprodukte aktiv gewesen waren. Auf Basis des gemessenen Userverhaltens wurden getriggerte E-Mail-Kampagnen in diesen Bereichen eingerichtet. Die Analyse der Ergebnisse lieferte Benchmarks für die Performance zukünftiger Kampagnen und erlaubte Ableitungen für weitere Produktkategorien.
Im Anschluss wurden die bestehenden Prozesse untersucht, um die effektivsten Touchpoints entlang aller Kundenpfade auf der Website zu identifizieren. Die Erkenntnisse dienten der optimalen Abstimmung spezifischer Behavioural E-Mails, die User an gespeicherte, aber nicht wahrgenommene Angebote sowie Warenkorbabbrüche erinnerten und aktivierten. Da sich die E-Mails inhaltlich auf erfasste Aktivitäten in bestimmten Bereichen der Website bezogen und dazu passende und daher individuell relevante Botschaften enthielten, ließen sich zahlreiche Interessenten zum Wiederbesuch motivieren.
Im Laufe des Projektes entwickelte die Sainsbury’s Bank eine ausdifferenzierte EMail-Strategie, die Konversion, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung merklich verbesserte. Durch spezifische Segmentierungsstrategien gewann Sainsbury’s Bank ein tiefes Verständnis für das Verhalten, die Präferenzen und die Einstellungen ihrer Kunden. Anhand dieser Informationen konnte eine Datenbank mit individuellen Kundenprofilen aufgesetzt werden, die Website-Besuche und das Nutzungsverhalten genau erfasste. Die datengetriebene Kommunikation erhöhte sowohl die Relevanz als auch den ROI jeder einzelnen E-Mail. Dank der einheitlichen, prozessübergreifenden Kundensicht konnte Sainsbury’s Bank zahlreiche Cross-Selling-Gelegenheiten nutzen und dadurch weitere Umsatzpotenziale erschließen.
Die konsequente Implementierung des Behavioural E-Mail-Programms verbesserte die Konversion massiv und erreichte einen ROI aller Aktivitäten im Bereich Haustierversicherungen von 750 Prozent. Zu den Erfolgen zählen Öffnungsraten von siebzig Prozent in einer „Angebot wiederherstellen”-Kampagne und eine allgemeine Konversion von 12,8 Prozent über alle Kampagnen hinweg. Die durchschnittliche Klickrate überschritt fünfzig Prozent. Die Profitabilität individueller Kundenprofile als Basis getriggerter Behavioural E-Mails war eindeutig bewiesen.
Relevanz war und ist das Zauberwort des Marketings. Für das E-Mail-Marketing kommt hinzu, dass es künftig ohne Relevanz gar nicht mehr betrieben werden kann. Die Notwendigkeit individualisierter und automatisierter E-Mail-Kommunikation ist nicht allein eine ökonomische Frage, sie wird zur existenziellen. Wer früher auf datenbankgetriebenes Remarketing per E-Mail setzt, dem winken nicht nur bessere Konversionsraten und Zusatzumsätze, sondern, wichtiger noch, Vorsprung vor den Wettbewerbern. Behavioural E-Mail ist eine Investition in die Zukunft.
Literatur
Whitepaper von RedEye: Was ist Behavioural E-Mail-Marketing und wie kann es erfolgreich eingesetzt werden? – http://www.redeye.de/lernzentrum/white-paper-bibliothek.
Webinar mit Mark Patron zu Behavioural E-Mail-Marketing auf http://www.e-mailmarketing-forum.de/.